Gute Tipps gibt es vonseiten der Politik ja zurzeit reichlich, wenn es darum geht, die Menschen zum Energiesparen zu animieren (s. dazu hier). Mittlerweile spielen da auch immer mehr Medien mit, was ich dann doch mitunter schon recht peinlich finde …
Natürlich ist es eine gute Sachen, Energie zu sparen, denn unser Energieverbrauch pro Kopf ist in Deutschland viel zu hoch. Seit Jahren predigen daher Klima- und Umweltschützer, dass wir unser Konsumverhalten überdenken sollten und auch gesetzliche Regelungen vorangebracht werden müssten, die Energieersparnis im öffentlichen Raum zur Folge haben.
Leider war dies bisher recht erfolglos, denn die Klimakatastrophe, deren Auswirkungen wir ja nun in diesem Sommer aufgrund der Dürre auch hier in Deutschland am eigenen Leib erfahren, war den meisten Politikern und Konsumenten dafür wohl nicht relevant genug, um ein Umdenken zu initiieren und zu praktizieren.
Doch jetzt ist alles anders, denn die Sanktionen gegen Russland aufgrund dessen Einmarschs in der Ukraine führen dazu, dass die Energie bei uns in Deutschland knapp und damit auch teurer wird. Und das ist dann doch mal ein triftiger Grund, um endlich mit dem Sparen anzufangen! (Was natürlich schon recht absurd ist, da die Klimakatastrophe mit Sicherheit schwerwiegendere Auswirkungen haben wird als dieser Krieg – aber das ist nun ein anderes Thema …)
Und da Verzicht nun etwas ist, was den jahrzehntelang neoliberal indoktrinierten Konsumenten nicht so gut in den Kram passt, muss das Ganze dann eben etwas schmackhafter gemacht werden. So wie zum Beispiel in einem Beitrag von Deutschlandfunk Nova
Da werden dann die Vorteile des Kaltduschens für die Gesundheit angepriesen. Und das mag ja nicht mal verkehrt sein. Ich selbst dusche mich übrigens seit einigen Jahren auch immer noch mal kalt ab, damit hab ich 2018 angefangen, als es im Sommer so warm war, dass ich nach der Dusche schon gleich wieder zu schwitzen angefangen habe. Da war das dann recht erfrischend. Dennoch dusche ich zunächst für die reine Körperpflege immer erst mal warm, da ich es angenehmer finde. Weshalb ich auch nie verstanden habe, warum der Begriff „Warmduscher“ ein Schimpfwort geworden ist.
Na ja, und wer sich schon mal mit kaltem Wasser die Haare gewaschen hat, weiß, dass es da auch Geileres gibt …
Und ich tippe mal, dass das vielen anderen Menschen auch so geht. Insofern wäre für mich als jemandem, der sich schon einige Zeit immer kalt abduscht, dann doch das ausschließliche Kaltduschen keine Alternative. Zumal ich die vom Deutschlandfunk Nova angepriesenen gesundheitlichen Vorteile eben auch so habe, wenn ich das Wasser nur punktuell am Ende der Dusche auf Kalt stelle.
Und dann wird am Ende des Beitrags ja auch noch auf mögliche Risiken hingewiesen:
Die Kälte ist natürlich auch eine Belastung für den Körper. Eiskalt duschen sollte man also nicht – erst recht nicht, wenn man Herz-Kreislauf-Probleme hat. Ein Kälteschock ist da alles andere als hilfreich. Auch wenn wir erkältet sind, sollten wir das nicht tun.
Wie immer gilt: Hört auf euren Körper. Und im Zweifel sprecht mit eurer Ärztin oder eurem Arzt!
Scheint also doch nicht so unbedingt für jeden und für immer geeignet zu sein … Oder soll hier vielleicht über die Betonung des positiven gesundheitlichen Aspekts (was übrigens für mich zumindest auch nichts ganz Neues war, also eher in den Bereichen Binsenweisheit fällt) vielleicht eher ein Mangel schöngeredet werden?
Was kommt als Nächstes? Frieren ist gut für die Tiefenmuskulatur, weil man diese durch das dauernde Zittern trainiert? Im Dunkeln zu sitzen schärft die Augen? Billigmampf aus dem Discounter macht schlank, weil man davon nicht so viel runterbekommt? Sich gar nicht mehr zu waschen macht sexy – zumindest für diejenigen, die eher auf animalische Gerüche stehen? Im Urlaub zu Hause zu bleiben stärkt die Familienbande und das Heimatgefühl? Auf kulturelle Teilhabe zu verzichten fördert die Fantasie? Pfandflaschen zu sammeln ist gut für die Fitness?
Ich würde mir hier von unseren Medien viel mehr wünschen, dass das Versagen unserer Regierung und unseres Wirtschaftssystems, was in Kombination zur aktuellen Situation von drohenden existenziellen Mängeln führt (wobei diese ja schon für die immer mehr arme Menschen auch bei uns im Land bereits seit Längerem Realität sind), thematisiert und kritisiert wird. Stattdessen gibt es dann lieber wohlfeile Spartipps und andere in beschönigende Worte gegossene Lebenshilfe, die dem Einzelnen die Verantwortung für die Lösung seines eigenen Dilemmas zuschustern.
Die vierte Säule der Demokratie wäre hier also mal gefragt, ein bisschen im Sinne und gegen das zunehmen feudalistische Verhalten unserer Regenten (s. hier) aufzubegehren, aber stattdessen gibt man eher den braven, sich anbiedernden Untertanen, um die Obrigkeit gegenüber zunehmend schlecht gelaunten Bürgern in Schutz zu nehmen.
Keine schöne, wenn nicht sogar eine bedenkliche Entwicklung, wie ich finde …
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