Der notorische Mario Barth führte einst ein bedrucktes Leibchen spazieren, auf dem es hieß: "Nichts reimt sich auf Uschi!". Dass das Wort 'Sushi' sich damals vielleicht noch nicht bis in den letzten Winkel bildungsferner Schichten herumgesprochen hatte, mag man zu seinen Gunsten annehmen. Immerhin wissen wir neuerdings, was sich auf 'Layla' reimt. Ein Frauenname auch das. Der, auf den das heurige Sommerloch hört. Nun wäre mein Leben um keinen Deut ärmer, wenn derlei Gesänge nicht existierten. Not my kind of entertainment. Wenn es mich also auf eine Veranstaltung verschlüge, wo derlei gespielt werden könnte, ich würde demnach nichts vermissen. Es ist mir auch egal, ob zu der eh schon unübersehbaren Kollektion an Fickificki-stumpfa-stumpfa-Partymusik sich ein weiteres Stück hinzugesellt.
Sicher liegt man auch nicht falsch, wenn man auf massenweise vorhandenes, inhaltlich verwandtes Liedgut hinweist wie 'Skandal im Sperrbezirk', 'Hulapalu', auf Mickie Krauses Krankenschwestern-Song, auf 'Anna-Lena' eines gewissen Honk, auf diverse Reimereien deutschsprachiger Gangster-Rapper. Oder auch auf eine säftelnde Deflorationsphantasie wie 'Santa Maria'.
Das alles darf meines Wissens nach gespielt, gehört und gegrölt werden.
Heillos überzogen daher dieses Zensur- und Verbotsgejammer. Herzig, wie da in gratismutig-kindischer 'Jetzt erst recht!'-Pose ein dumpfer Fickelsong zum Freiheitssymbol aufgerüscht wird. Listen love: Hier wird gar nichts zensiert. Ihr dürft die Nummer weiterhin hören, streamen, auf diversen Veranstaltungen grölen wie ihr wollt. Nur eben nicht überall. Ein paar Veranstalter, darunter so linksfeministisch unterwanderte wie ein Schützenverein, haben halt entschieden, dass die Nummer (Huhuhu, er hat "Nummer" gesagt!) auf ihren Veranstaltungen nicht gespielt wird. Wer die Musik bezahlt, darf sie auch auswählen. Uralte Sache. Und nein, es gibt keinerlei Anrecht irgendeiner Art auf irgendwas. Oder gibt es eines darauf, dass bei einer Fanclubveranstaltung des FC Schalke 04 gefälligst 'Heja BVB!' gespielt wird oder auf einem Volksmusikfest was von Napalm Death, sonst sei das voll Diktatur?
Vor allem sollte man den positiven Aspekt daran nicht übersehen: Seit Jahrzehnten wird jegliche auch nur ansatzweise kritische Diskussion über massenkulturelle Erzeugnisse aller Art nonchalant-postmodern abgebügelt mit: "Aaaach, man muss doch nicht immer alles politisieren! Hey, das ist doch nur Unterhaltung! Entertainment, vastehste? Lass’ den Leuten doch einfach mal ihren Spaß. Die wollen doch nur... Wie kann man bloß so intolerant sein?" Und jetzt sind da endlich wieder welche, die sagen: Nö, auf dein "ist doch bloß Unterhaltung" ist mal sauber geschissen! Nichts ist völlig unpolitisch, schon gar nicht Unterhaltung. Und ja, der Song hat sehr wohl etwas zu sagen, ob es dir nun passt oder nicht.
Und wenn nun der Herr Hüftgold sagt, der von seinem Label produzierte Song sei schließlich von der Kunstfreiheit gedeckt, dann hat er damit zwar recht, sitzt aber möglicherweise derselben Selbsttäuschung auf wie die, die Meinungsfreiheit immer verwechseln mit einem imaginierten Anrecht darauf, ihre Meinung auch überall veröffentlicht zu sehen und/oder sich unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit jegliche Kritik verbitten. Der unbestrittenen Freiheit von Herrn Hüftgold, eine platte, pornöse Puffpolka zu produzieren und zu veröffentlichen, steht nun einmal, auch das sollte nicht vergessen werden, irgendwie auch die Freiheit eines Veranstalters entgegen, den Shit nicht zu spielen.
Mehr gibt es dazu wirklich nicht zu sagen.
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