Sobald die ersten Frühlingsstrahlen das Licht der Welt erblicken, die ersten Krokusse aus dem Boden schießen, obwohl sie selbstredend pazifistisch veranlagt sind, wage ich mich hinaus in Gottes freie Natur. Mein Ziel dabei, ein ruhiges Plätzchen zu finden, um meinen Gedanken ihren freien Lauf zu ermöglichen. Inwändig, ja ich weiß es muss inwendig heißen, aber es sind meine vier Wände, die mir die Kreativität unmöglich machen. Kaserniert kann ich mich nicht entfalten. Besonders meine weitläufige 1-Zimmerwohnung unterminiert mein Vorhaben mich künstlerisch auszudrücken beziehungsweise auszudrucken, was ich mir erdacht und anschließend elektronisch zu Papier gebracht habe. Lockende Versuchungen sind es, die meine Charakterstärke allmorgendlich auf eine harte Probe stellen und stets obsiegen. Einzimmerwohnungen haben den Vorteil, alles in greifbarer Nähe zu haben, ohne das man auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen ist. Kaum die Augen nach nächtlichem Schlaf geöffnet, steht einem die größte Hürde des Tages bevor. Aufstehen oder liegenbleiben? Eine existenzielle Frage, die mein Bett stellt. Natürlich bin ich nicht im Besitz eines fragestellenden Bettes, aber es ist der Auslöser für diese Frage. Und dann liege ich da, in meinem warmen, eingepupsten Heiabettchen, was schon den Großteil der geräumigen Wohnung in Beschlag nimmt und überlässt mir die schwere Entscheidung. Ausgerechnet mir, der ich doch nicht der Entschlussfreudigste bin. Ich wälze das Problem und mich hin und her. Eine solch eminent wichtige Entscheidung darf ja nicht übers Knie gebrochen werden. „Übers Knie brechen“ ist allerdings nur eine Redewendung. Praktisch ist es ohnehin kaum zu bewerkstelligen. Zunächst breche ich höchst selten, seit ich dem Alkohol eine Abfuhr erteilt habe und wenn dann ordnungsgemäß in ein zuvor vorsorglich zurechtgestelltes Gefäß größeren Ausmaßes. Neben dem Bett, in Kopfhöhe positioniert, bin ich, trotz desolaten Zustands, in dem Putzeimer meinen Mageninhalt zu befördern. Dank eines, am Eimerboden angebrachten selbstklebendem Fadenkreuz, gelingt dies in Perfektion. Dies habe ich in nüchternem Zustand des Öfteren erprobt, damit es im Ausnahmezustand reibungslos verläuft und nichts daneben geht. Als alleiniger Bewohner bin ich gezwungen meine Wohnung reinlich zu halten. Hätte ich eine Frau, müsste ich mir um all das keine Sorgen machen. Aber wegen der zwei mal im jahr, wo ein solcher Zustand sich einfindet, eine Frau bei mir wohnen zu lassen, wäre doch arg übertrieben. Auch schon körperlich sehe ich mich nicht in der Lage, die Redewendung in die Tat umzusetzen. So hoch bekomme ich mein Knie nicht an das Gesicht, um dann darüber zu erbrechen. Dafür nun extra einen Gymnastikkurs zu besuchen, erscheint mir der Aufwand nicht gerechtfertigt. Selbst wenn ich es nach einiger Übung hinbekäme, sähe es doch reichlich seltsam und ungelenk aus. Und wirklich sinnvoll wäre es auch nicht. Sollen das doch Profisportler machen, wenn ihnen danach ist. Ich kotze so, wie ich es von meinem Vater gelernt habe. Tradition wird in unserer Familie großgeschrieben, wenn grammatikalisch hier auch klein. Aber zurück zu der aufgeworfenen Frage, Aufstehen oder nicht? Quälend lange Diskussionen habe ich schon darüber geführt. Manchmal bis tief in die Nacht. Dann war meist die Antwort obsolet und ich von einer plötzlich einsetzenden Müdigkeit ergriffen, die mir die Entscheidung abnimmt. Aber es gibt noch viele weitere Punkte, die mich von der Arbeit abhalten. Kaffeemaschine, Kühlschrank, Fernseher, Internet. Alle rufen mir ständig zu: „Benutz uns!“ Und ich gehöre nicht zu der Sorte Mensch, denen solche Hilferufe gleichgültig sind. Sie sind Nuneinmal meine Mitbewohner und fordern zu Recht von mir ihre Aufmerksamkeit. Die Großzügigkeit und der effektive Schnitt meiner Wohnung, lassen es zu, dass ich alles bequem vom Bett aus erreichen kann. Nur die Dusche hat sich ein eigenes Zimmer ausbedungen, weshalb sie auch etwas vernachlässigt wird. Sie nimmt es mir nicht sonderlich übel, da sie so weniger verkalkt. Dadurch profitieren beide Seiten davon und sind sich nicht gram. Von Oktober bis März verlasse ich kaum meine Wohnung, da das aushäusige Wetterangebot meinem Bevorzugten nur selten entspricht. Nach meiner Auffassung gehören Regen, Schnee, Wind, Hagel, Gewitter und Nacht von der Wetterkarte gestrichen. Wenn dann auch noch mehrere Faktoren gleichzeitig sich entschließen eine Kooperation einzugehen, ziehe ich mich in eine formidable Depression zurück, die kein Psychiater mir auszutreiben weiß. Aber wenn die ersten Sonnenstrahlen mich an der Nase kitzeln, dann hält mich nichts mehr auf. Dann stürze ich mich sofort aus dem Bett, energiegeladen und bereit, dem Tag die Stirn zu bieten und beginne sofort mit dem Frühjahrsputz. Erfrischend ist so eine Morgendusche, nach fünf Monaten Abstinenz. Wenn die Kruste erst einmal aufgeweicht ist, lässt sie sich sehr leicht wieder abschütteln. Darunter kommt eine rosige Haut zum Vorschein, die nun wieder wunderbar duftet, nach Vanille oder anderen Kräuterextrakten, die das kombinierte Dusch- und Haargel hergeben, die mir die Nachbarschaft immer in den Briefkastenschlitz reindrückt. Eine liebgemeinte Geste von ihnen. Im Gegenzug bedanke ich mich, indem ich sie mit unnötiger Konversation verschone. Nur ein stummes Nicken erlaube ich mir, um sie nicht aus etwaigen Gedanken zu reißen. Auf diese Weise bleibt der Hausfrieden gewahrt. Was auch gut ist, denn bei solch herrlichem Wetter lasse ich mir Laune ungern vermiesen. Das hebe ich mir für meine Herbstdepression auf. Dafür ist sie ja schließlich damals eingeführt worden. Aber wie bereits erwähnt, suche ich bei eitel Sonnenschein ein ruhiges Plätzchen in der Einsamkeit einer Naturkulisse. Für mich sind Natur und Kreativität untrennbar miteinander verbunden. Ich brauche die Stille und das romantische Grün einer Wiese. Das leise Dahinplätschern eines Flusses. Menschen die lautlos vorübergehen und Rücksicht auf meine schöpferische Tätigkeit nehmen. Das sie ihre Schuhe ausziehen, wenn sie meinen Dunstkreis betreten, erwarte ich nicht, aber würde es freundlich zur Kenntnis nehmen, wenn sie es tun würden. Selten, wenn nicht sogar NIE tun sie es. Leider laufen nur wenige Menschen alleine vorbei und hüllen sich in Schweigen. Meist tun sie es zu zweit oder gar, was ich als einen Affront auffasse, in Rudeln. Dann durchbrechen sie das von mir ausbedungene Schweigegebot, welches ich in Form eines eigens angefertigten Pappschilds, stets aufstelle. Ältere reagieren ja noch wenigstens auf das Abschießen meiner Schreckschusspistole. Jüngere hingegen schießen eher zurück, was auf die mangelnde Erziehung zurückzuführen ist. Da sei doch die Frage gestattet, was machen diese hochbezahlten Lehrer im Unterricht eigentlich? Die sollen diese Rabauken nicht mit unnötigem Wissen behelligen, sondern ihnen Respekt, Anstand und Benehmen beibringen. Aber was kann man von einer Halbtagskraft mit Ganztagsbezahlung schon erwarten. Die sind doch nur Pädagogen geworden wegen der übertrieben langen Ferien, Feiertage und sogenannter Fortbildungsseminare. Letztere sind doch nur Feigenblätter für ausgiebige Besäufnisse mit Artgenossen. Wann wird endlich das Unterrichtsfach: „Wie verhalte ich mich in der freien Natur, wenn andere Leute die Ruhe genießen wollen.“ Da hilft einem der Satz des Pythagoras nicht weiter. Auch wer die punischen Kriege gewann, ist da weniger hilfreich. Selbst Lateinkenntnisse bringen einen da nicht weiter. Schule sollte sich mehr an der Realität orientieren, statt alten Griechen zu huldigen, die längst tot sind. Und wann trifft man schon einmal einen Lateiner zum Smalltalk? Ich persönlich sitze gerne auf meiner Lieblingsbank am Rhein. Gevatter Rhein lässt mich in Ruhe und ich genieße es, wie er ruhig und sanft dahinfließt. Jedenfalls solange Erin seinem Bett bleibt. In Zeiten, indem er dies nicht tut, bleibe ich auch in meinem, denn auf nasse Füße lege ich keinen gesteigerten Wert. Wenn die Sonne scheint, scheint sie den ganzen Tag auf meine Bank, die ich mir hart erkämpft habe. Denn früher wurde sie von einem Mann okkupiert, der dort seine Heimstätte hatte. Doch nach einer siegreichen Wortschlacht, die ich mit ihm ausgefochten habe, zog er nicht nur den Kürzeren, sondern auch mit seinem Tetrapack Lambrusco von dannen. Ich gestattete ihm jedoch, man ist ja kein Unmensch, die Bank nachts für mich zu bewachen, damit sie nicht von alkoholisierten Gruppen missbraucht wird.
So weit, so gut. Doch die Idylle trügt. Denn es gibt auch eine Spezies von Hartnäckigen. Menschen, wenn ich sie einmal so ungern nennen möchte, die meine Privatsphäre nicht achten. Ja ich ziehe sie geradezu magisch an. Ungehobeltes Pack, was sich, ohne zu fragen, einfach auf meine Bank setzt, ungeachtet dessen, dass sie nicht einmal um Erlaubnis fragen, wohlwissend das ich ihnen das Parken ihres Gesäßes nicht gestatten würde. Es wäre ja vielleicht noch zu tolerieren, wenn sie mich wenigstens in Ruhe lassen würden. Doch dies tun sie mitnichten. Als ob ich sie zu einem Gesprächskreis eingeladen hätte, plappern sie unaufgefordert munter drauflos. Inhaltlich jedoch indiskutabel. Ich reagiere natürlich nicht darauf und erkläre schmallippig, ich sei von Geburt an taubstumm. Jedoch hindert sie dies nicht und sprechen fortan auch noch mit Händen und Füßen. Manche führen sogar kleine Pantomimen auf. Nur, um mir den Tag zu versauen. Dies gelingt ihnen auch regelmäßig. Respekt habe ich nicht vor ihnen, nur vor ihrer Ausdauer. Meine Ignoranz ihnen gegenüber scheint sie dabei nicht zu stören. Mit unglaublicher Penetranz versuchen sie, mich in ein Gespräch zu verwickeln. Die Verachtung, die ihnen meine Augen entgegenbringen, scheinen sie nicht zu bemerken oder was noch unverschämter ist, sie halten, dem bösen Blick einfach stand. Selbst den Auswüchsen meiner mittäglichen Bohnensuppe, Garant selbstbestimmter Einsamkeit, stehen sie ignorant entgegen. Weder auf Geräusche noch auf Veränderung der sauberen Luft scheinen sie zu reagieren. Dabei fällt selbst mir das tiefe Einatmen zunehmend schwer. Obgleich ich damit nur allzu vertraut bin. Selbst mein selbstbeschriebenes T-Shirt scheint sie nicht zu stören oder in dieser Stadt gibt es mehr Legastheniker als gedacht.
„Achtung! Sie betreten eine deodorantfreie Zone!“ Deutlicher kann man ja wohl nicht auf meine Waschphobie informieren. Dennoch und trotz all dieser Maßnahmen, wagen es immer wieder wagemutige Menschen sich auf meine persönliche Bank. Dabei gibt es im nahen Umfeld unzählige Banken, die nicht minder komfortabel sind. Ich habe einmal durchgezählt. Da stehen in reih und Glied fünfundzwanzig Banken. Und alle bieten dieselbe Aussicht, da alle in die gleiche Richtung aufgestellt wurden. Jede für sich mit Blick auf den Fluss, der sich extra an ihnen vorbeischlängelt. Da kann ich doch wohl erwarten, dass man sich für eine andere Bank als die meine entscheidet. Aber nein, wenn es eine Bank sein muss, dann die, wo der nette Alleinsitzende Mann bereits verweilt. Erst neulich wieder trat eine unerschrockene alte Frau, voll bepackt mit Taschen und einem Einkaufstrolley an mich heran. Ich ahnte, was sie vorhat und reagierte sofort. Mit beiden Zeigefingern, die mir der liebe Gott zu diesem Zwecke geschenkt hat, wies ich deutlich auf die Aufschrift, die auf meinem T-Shirt prangt. Sie nahm etwas ungelenk, wohl auch wegen ihrer Gehhilfe, ihre Lesebrille aus der Handtasche und wechselte diese mit ihrer normalen Brille und begann zu lesen.
„Ach sie Armer! Deswegen sitzt wohl niemand bei ihnen. Das tut mir aber leid. Ich finde, keiner sollte wegen seiner selbstbestimmten Weigerungshaltung stigmatisiert werden. Wir leben in einem freiheitlichen Land und ich respektiere, akzeptiere und unterstütze jede Minderheit und kämpfe gegen Ausgrenzung und Intoleranz.“
Ungläubig und mit einem leichten Anflug von Verzweiflung lächelte ich sie gequält an.
„Sie waren einmal sicher Religionslehrerin oder wenigstens Haushälterin bei einem Pfarrer!“, stellte ich seufzend fest.
Und schon saß sie auch schon neben mir auf der Bank. Hätte ich nur nichts gesagt und wie sonst, einfach geknurrt. Mein Nachahmen eines Dobermanns, sind nämlich zu recht gefürchtet. Aber nun war es zu spät. Ich war Gefangener meiner eigenen Unzulänglichkeit.
„So schlimm riechen sie auch gar nicht.“, stellte sie nach einer Schnupperprobe fest.
„Oh, na das tut mir leid. Aber ihre Meinung ist Ansporn für mich, dem dringend entgegenzuwirken.“, meinte ich bedauernd.
Sie lächelte mich an und tätschelte mir aufmunternd die Schulter.
„Um auf ihre vorhin vermutete These einzugehen, ich war wirklich Theologielehrerin für katholische Religion und führte zusätzlich den Pfarrhaushalt für meinen Bruder. Leider kam es in der Gemeinde zu Unstimmigkeiten und er wurde weggelobt und arbeitet heute in einem Archiv des Vatikans. Ich hätte ja mitgehen mögen, aber ich wollte dann doch nicht, als ich erfuhr, der Klerus duldet nur Schwestern in ihren Mauern, die Nonnen sind. Zu diesem Schritt bin ich jedoch noch nicht bereit, weil es mich verpflichten würde Kinder- und ehelos zu leben. Damit würde ich mich ja selbst vom Heiratsmarkt nehmen und jegliche Hoffnung auf eine eigene Familie aufgeben.“
Bei ihren letzten Worten schluchzte sie und auch mir trieb es die Tränen in die Augen, jedoch nur weil mir eine unachtsame Fliege gegen die Iris geknallt war. Der Aufprall reizte meine Tränendrüse und brachte damit den Flüssigkeitslauf in Gang.
„Sie müssen wegen meines schweren Schicksals nicht weinen.“, tröstete die Alte mich und nahm mich in ihren Arm.
Körperliche Nähe war mir schon von jeher zuwider und ich sträubte mich dementsprechend vehement. Doch ihre Umklammerung war so massiv, so das bei mir der Verdacht aufkam, sie müsse einmal Catcherin gewesen sein. Schließlich gelang es mir meine Hände zu befreien und begann sie zur Aufgabe zu bewegen. Jedoch schien ihr mein Würgen nicht sonderlich zu bekommen. Wortlos sank sie in sich und glitt auf den schmutzigen Boden. Manch ein unschuldiges Grashalm knickte unter ihrem Gewicht ein. Tausende von ihnen folgten dem Beispiel. Erst als ich die alte Frau aufhob, erkannte ich das ganze von ihr angerichtete Ausmaß der Verwüstung. In meiner angeborenen Hilflosigkeit wusste ich nicht so recht mit ihrer Leblosigkeit umzugehen. Ordnungsliebend wie ich nun einmal bin, setzte ich sie vorsichtig auf die Bank, damit sie nicht erwacht und ich meine Ruhe habe. Und sie erwies sich als sehr zuvorkommend und erwachte, bis ich aufbrach, nicht wieder. Ganz entspannt konnte ich, meine Geschichte nun zu ende schreiben. Am nächsten Tag, die Sonne trieb mich schon früh aus dem Bett, war meine Bank wieder frei. Die alte Frau war weg oder von meinem obdachlosen Bankmitbenutzer vertrieben worden. Dafür hatten irgendwelche Leute Blumen und Kerzen um die Bank herum verteilt. Ich genoss die Einsamkeit auf meiner Bank, jedenfalls so lange bis ein älterer Mann vorbeikam. Verlegen betrachtete er das Blumenmeer, was sich mittlerweile gebildet hatte und schien unschlüssig. Ich setzte gewohnheitsmäßig meinen „Setz dich bloß nicht hierhin“ Blick auf, doch schien ihn dies nicht weiter zu stören. Aber die Blumen und die vielen Kerzen irritierten ihn weitaus mehr. Dann sah er von dem Blütemeer auf zu mir. Dann wieder hinab. Dann zu mir. Ich grinste innerlich in mich hinein. Deutlich war ihm anzusehen, dass er nicht mehr lange auf seinen, von den Jahrzehnten voll mühsam und plag erschöpften Beinen, stehen konnte. Es gab nur zwei Möglichkeiten. Entweder er versucht, sich auf meine Bank zu setzen, oder er wird einfach vornüber kippen.
Meine Sorge war nun in doppelter Hinsicht begründet. Will er sich setzen, will er sich auch unterhalten und ich bin gezwungen ihm das gleich auszutreiben und ihn dann vertreiben. Fällt er jedoch um, so wäre dies normalerweise kein Problem. Dann wird er ignoriert. Nun stehen dort aber die vielen Kerzen und wenn er dort hineinfällt, wird er sich hundertprozentig entzünden. Und dann ist das Geschrei groß. Feuerwehreinsatz, Polizeisirenen und Gaffer, die sich menschentraubenmäßig ansammeln, sind dann zu befürchten. Und mit meiner Ruhe ist es vorbei. Argwöhnisch beobachtete ich ihn, für welchen Weg er sich wohl entscheiden würde. Doch ich hatte den Alten unterschätzt. Er entschied sich für einen dritten Weg, auf dem ich im Leben nicht gekommen wäre. Langsam und mit letzter Kraft sank er auf seine Knie, faltete die Hände und murmelte leise etwas. Wie ich heraushören konnte, handelte es sich dabei um ein Gebet. Dabei sah er mich inbrünstig an. Es war ganz offensichtlich. Er betete mich an. Endlich, nach all den vielen Jahren der Nichtbeachtung meiner künstlerischen Tätigkeit, wurde mir zum guten Schlusse doch noch die verdiente Anerkennung zuteil. Meine Rührung und Dankbarkeit war grenzenlos. Ich erhob mich, stellte mich vor meinen Jünger und schlug das Kreuz über ihn. Freudig erhob sich der Alte und setzte sich auf meine Bank. Ich setzte mich neben ihn und begann sofort von dem zu berichten, was ich gerade schrieb.
Er sah mich an, mit einem Ausdruck in den Augen, der mir das Blut in den Adern gefrieren ließ.
„Ich will hier in Ruhe sitzen!“, erklärte er knapp, unhöflich und bestimmt.
Mir blieb die Spucke weg. So ein rüpelhafter Despot. Er gerierte sich, als ob ihm die Bank gehören würde.
Eine solche Unverschämtheit konnte und wollte ich mir nicht bieten lassen. Ich erhob mich, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen. Ich verließ meinen angestammten Platz und suchte mir eine neue Bank.
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