Mal ein Thema, was mich direkt persönlich betrifft, was aber auch aufzeigt, was in unserem Land so alles nicht wirklich optimal läuft: die Zweitwohnsitzsteuer.
Wir haben ein Ferienhaus an der Ostsee. Da die Familie meiner Frau das Grundstück schon 1959 erworben und dann eine kleine Datscha dort hingebaut hat, ist das insgesamt keine richtig teure Anschaffung gewesen. Nun haben wir nach dem Tod meines Schwiegervaters 2014 dort das alte Haus (was schon reichlich durch war) abgerissen und ein neues Energieeffizienzholzhaus hingebaut, in dem man auch im Winter Zeit verbringen kann. Und das nutzen wir auch ausgiebig und sind die meisten Wochenenden dort oben.
Da wir aber nicht dort wohnen, sondern in Rendsburg, fällt dafür nun Zweitwohnsitzsteuer an. Über den Sinn einer solchen Steuer kann man nun trefflich streiten, denn letztlich können wir ja nicht an beiden Orten zeitgleich sein und die Infrastruktur nutzen, zumal wir dort ja auch Grundsteuer bezahlen. Aber solange sich diese Zweitwohnsitzsteuer im Rahmen von ein paar Hundert Euro im Jahr bewegte, haben wir das auch alles ganz locker gesehen.
Nun ist es allerdings seit ein paar Jahren so, dass diese Zweitwohnsitzsteuer deutlich gestiegen ist, und das liegt im Ermessen der Gemeinde, um wie viel. Und leider ist die Gemeinde, in der unser Ferienhaus steht, da recht gierig, sodass wir mittlerweile über 3300 Euro im Jahr zahlen müssen. Und das ist wahrlich kein Pappenstiel, zumal wenn die Hütte auch noch abbezahlt werden muss und ja auch sonst immer wieder Ausgaben erfordert.
Klar, die Kommunen wurden in den letzten Jahrzehnten finanziell ziemlich ausgeblutet, sodass die nun nach jeder Einkommensquelle greifen, die sich ihnen bietet. Aber muss das dann gleich so übertrieben werden? Zumal man ja auch berücksichtigen sollte, dass zurzeit viele Menschen immer noch pandemiebedingt unter materiellen Einbußen leiden und die Energiekosten auch gerade massiv angestiegen sind.
Außerdem ist das ja auch eine zwiespältige Sache, denn nicht alle Besitzer von nicht ständig genutzten Immobilien sind vermögend. Natürlich gibt es auch Menschen, für die so eine Erhöhung der Steuer zwar ärgerlich ist, aber nicht wirklich schwierig zu wuppen. Da bekommt dann der Dritt-SUV halt mal in einem Jahr keine neuen Winterreifen oder man gönnt sich statt drei nur zwei Trips pro Jahr in die Karibik – mal bewusst polemisch geschrieben. Aber bei vielen geht es damit dann schon ans Eingemachte. Die Zweitwohnsitzsteuer ist nämlich komplett einkommensunabhängig – was auch nicht gerade gerecht ist, wie ich finde.
Aber vielleicht ist es ja sogar nicht ganz unerwünscht, wenn Kleineigentümer von Immobilien sich diese nicht mehr leisten können? Würde zumindest ziemlich zur neoliberalen Ideologie passen, deren Ziel ja die Einkommenskonzentration auf möglichst wenige Menschen ist …
Eine mögliche Lösung (die mit Sicherheit auch von nicht wenigen so praktiziert wird): Man meldet sich einfach mit Erstwohnsitz dort an, wo man seinen Zweitwohnsitz hat. Und mit etwas Glück muss man am Ort des Erstwohnsitzes dann auch gar keine Zweitwohnsitzsteuer zahlen, weil diese dort überhaupt nicht erhoben wird. Bei uns wäre das der Fall. Allerdings wollen wir das auch gar nicht, denn zum einen wäre das nicht ehrlich und zum anderen würden dann ja unsere Steuergelder für Rendsburg wegfallen, die hier eben auch benötigt werden.
Denn ich schätze mal, dass es durchaus das Kalkül von Gemeinden ist, in denen viele Menschen Zweitwohnsitze haben (beispielsweise wegen einer touristisch attraktiven Lage): Man erhöht die Zweitwohnsitzsteuer so weit, dass viele dann ihren Erstwohnsitz dort melden – und die Gemeinde bekommt dann die Einkommensteuer. Also quasi eine von öffentlicher Seite provozierte Aufforderung zum Beschiss.
Dabei wäre es doch so einfach: Man teilt einfach bei Menschen mit zwei Wohnsitzen die Einkommensteuer entsprechend auf. Das wäre dann bei der Steuererklärung eine einzige Angabe mehr: Wie viele Tage ist man an Ort X und wie viele an Ort Y. Und entsprechend wird dann die Steuerzahlung prozentual gesplittet. Das wäre dann doch reichlich fair, oder? Schließlich wäre damit auch eine Ungerechtigkeit beseitigt, die zurzeit besteht: Wenn Herr A fünf Jahren an Ort X und danach fünf Jahre an Ort Y wohnt, zahlt er keine Zweitwohnsitzsteuer. Wenn Frau B allerdings zehn Jahren an Ort X wohnt und die Hälfte ihrer Zeit an Ort Y verbringt, dann zahlt sie Zweitwohnsitzsteuer – obwohl sie ja genauso viel Zeit an beiden Orten verbringt wie Herr A.
Zudem sind die Zweitwohnsitze ja nun auch nicht nur ein Ärgernis für die davon betroffenen Gemeinden. Zumeist sind das nämlich eher strukturschwächere Gegenden, die sehr auf den Tourismus angewiesen sind. Und diejenigen, die dort ihre Zweitwohnsitze haben, zahlen nicht nur, wie oben erwähnt, Grunderwerbssteuer und Grundsteuer, sondern gehen dort vor Ort einkaufen, in die Gastronomie und in den Baumarkt, bekommen Besuch, der sich dann durchaus auch mal in Hotels oder Ferienwohnungen einquartiert, beauftragen lokale Handwerksbetriebe mit Arbeiten, tanken ihre Fahrzeuge, besuchen kulturelle Veranstaltungen usw.
Das fällt bei uns nun erst mal etwas geringer aus, denn wir müssen ja irgendwo Geld sparen, um die Zweitwohnsitzsteuer zahlen zu können. Für die örtlichen Unternehmen haben wir dann also weniger Geld übrig. Und wenn das nicht nur uns so geht, dann werden das einige Gasthäuser beispielsweise mit Sicherheit zu spüren bekommen …
Das mag nun alles recht banal klingen im Vergleich zu den großen Krisen, mit denen die Menschheit zurzeit konfrontiert ist, allerdings zeigt es, dass auch im Kleinen das System, in dem wir leben, reichlich krankt und es vor allem nicht um praktikable oder gar gerechte Lösungen geht. Wie sollen dann denn bitte erst die richtig großen Probleme angegangen werden?
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