Berlin - In der Diskussion um Energieeinsparungen im Zuge des Ukraine-Krieges lehnt der Automobilclub ADAC autofreie Sonntage ab. "Ich glaube nicht, dass es Sonntagsfahrverbote braucht, zumal eine Mehrheit sie ablehnt", sagte ADAC-Präsident Christian Reinicke den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Dienstagausgaben).
Nach zwei Jahren Pandemie sei es der falsche Weg, nun mit weiteren Verboten zu kommen, führte Reinicke aus. Sonntagsfahrverbote seien "reine Symbolpolitik", sagte Reinicke und verwies auf die 1970er Jahre, als die Leute ihre Fahrten auf den Samstag vorgezogen hätten. 1973 hatte es vier autofreie Sonntage in Deutschland gegeben. Um den Spritverbrauch zu senken, rief Reinicke zum langsameren Fahren auf.
"Beim Spritverbrauch hilft langsameres Fahren sicher", sagte der ADAC-Präsident. Zur Frage nach einem Tempolimit von 130 Stundenkilometern wollte sich Reinicke nicht festlegen: "Derzeit ist eine leichte Mehrheit dafür und eine kaum geringere Gruppe dagegen. Solange die Verhältnisse so knapp sind, wird sich der ADAC nicht für eine Seite positionieren." Reinicke zeigte sich aber überrascht, dass das Tempolimit nach der Bundestagswahl nicht eingeführt wurde.
Die meisten Autofahrer würden bereits versuchen, Sprit zu sparen, sagte Reinicke. "Allerdings gibt es auch eine Gruppe, denen es völlig egal ist, ob sie mehr Sprit in die Luft pusten. Das allerdings ist die absolute Minderheit", sagte der ADAC-Präsident. Die Aussage von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), es gebe nicht genug Schilder für ein Tempolimit, hält Reinicke für verfehlt: "An Schildern sollte es in der Praxis wohl kaum mangeln."
Allerdings stelle sich die Frage, wie man rund 18.000 Kilometer zusätzlich kontrolliere. "Den Hardcore-Teil der Autofahrer würde es wahrscheinlich auch nicht interessieren, wenn es ein Tempolimit mit 130 Stundenkilometern geben würde", sagte Reinicke. Von dem geplanten 9-Euro-Ticket im Rahmen des Entlastungspakets erhofft sich der ADAC, dass Autofahrer den öffentlichen Personennahverkehr stärker als bisher nutzen. "Das 9-Euro-Ticket ist eine super Sache", sagte Reinicke den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Es sei "durchaus zu wünschen, dass eine hoffentlich gute Erfahrung mit dem Öffentlichen Verkehr den ein oder anderen Autofahrer überzeugt." Für die Mobilität der Menschen brauche es "attraktive Modelle", führte Reinicke aus. Der ADAC setze sich nicht nur für das Auto, sondern für die Mobilität als Ganzes ein. Die Maßnahmen der Bundesregierung, um Verbraucher von den steigenden Kosten in Folge des Krieges in der Ukraine zu entlasten, bewertete Reinicke positiv.
"Es ist richtig, den Menschen zu signalisieren, dass die Politik ihre Probleme wahrnimmt", sagte der ADAC-Präsident. Zugleich müsse man sich auf dauerhaft höhere Preise von fossilen Brennstoffen einstellen. Der Staat müsse dazu beitragen, dass jeder mobil bleiben könne. Bei den Abgaben müsse sich der Staat stärker an der CO2-Vermeidung ausrichten, forderte Reinicke.
Die dreimonatige Absenkung der Energiesteuer im Entlastungspaket könne eine Chance sein, "Lehren für die Zukunft zu ziehen". Auf Kritik stößt bei Reinicke dagegen, dass die höhere Pendlerpauschale nur für die einfache Fahrt gilt. "Für gewöhnlich gehört zur Hinfahrt ins Büro aber noch die Rückfahrt nach Hause. Die Entlastung wirkt also nur halb", bemängelte der ADAC-Präsident. Der ADAC hätte sich zudem eine Erhöhung ab dem ersten Kilometer gewünscht. Der ADAC möchte sich in Zukunft stärker als bisher auf das Fahrrad konzentrieren - und auch sein Angebot für die Pannenhilfe für das Rad ausweiten. "Die Rückmeldungen sind sehr positiv. Wir wollen das Projekt ausweiten, um auch für Mitglieder da zu sein, wenn sie mit dem Fahrrad unterwegs sind", sagte Reinicke mit Verweis auf ein Pilotprojekt zur Fahrrad-Pannenhilfe in der Metropolregion Berlin-Brandenburg.
400 Menschen hätten seit dem Start des Projekts im vergangenen Juni das Angebot der Pannenhilfe für das Fahrrad genutzt. Für den ADAC seien solche neuen Angebote auch für die Zukunftsfähigkeit des Vereins relevant, erläuterte Reinicke: "Die Pannenhilfe ist die bekannteste Hilfeleistung des ADAC, die aber langfristig möglicherweise mit immer zuverlässigeren Autos, insbesondere bei E-Pkw, weniger nachgefragt wird. Deshalb stellen wir unser Angebot breiter auf, um für unsere Mitglieder weiterhin als Helfer da zu sein." Zu solchen Angeboten zählten etwa auch Schlüsselnotdienste.
Foto: Ausfahrts-Schild an einer Autobahn (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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