Berlin - Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will den Gesetzentwurf zur Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro als seine erste Tat Anfang des neuen Jahres vorlegen. "Ich werde Anfang des Jahres einen Gesetzentwurf vorlegen, um den Mindestlohn im Jahr 2022 auf zwölf Euro zu erhöhen", sagte er der "Rheinischen Post" (Samstagausgabe).
Auf die Frage, ob das seine erste Tat im neuen Jahr sein werde, sagte der Minister: "Ja". Heil: "Wir machen uns unmittelbar an die Arbeit - und wer uns kennt, weiß, dass wir schnell sein können." Von der Erhöhung würden "Millionen von Menschen in Deutschland profitieren, übrigens überwiegend Frauen". Negative Folgen am Arbeitsmarkt befürchtet der Minister nicht.
"Der Arbeitsmarkt wird insgesamt keinen Schaden nehmen. Im Gegenteil, die Volkswirtschaft wird produktiver", sagte der SPD-Politiker. "Das Thema nach der Pandemie wird sein, ob man als Arbeitgeber noch ausreichend qualifizierte Fachkräfte findet. Der höhere Mindestlohn kann da helfen, und nutzt auch der Konjunktur, denn er stärkt die Binnennachfrage", so der Minister.
"Vom Mindestlohn profitieren Menschen, die ihr Geld nicht in Steuerparadiese im Ausland überweisen, sondern direkt in den heimischen Wirtschaftskreislauf geben", sagte der SPD-Politiker. Auf die Frage, ob die starke Anhebung des Mindestlohns die Existenz von Mittelständlern bedrohen könne, antwortete Heil: "Mich erinnert Ihre Frage an die Untergangsszenarien, die prognostiziert wurden, als der Mindestlohn eingeführt wurde. Heute wissen wir, dass das alles nicht eingetreten ist." Er versicherte, dass die Regierung einmalig eingreifen werde und die Festsetzung der Lohngrenze danach wieder der unabhängigen Mindestlohnkommission überlassen werde.
"Wir haben in der Koalition vereinbart, den Mindestlohn auf zwölf Euro zu erhöhen und damit armutsfester zu machen. Die weiteren Erhöhungsschritte folgen dann den Empfehlungen der unabhängigen Mindestlohnkommission", sagte Heil. Mit dem Umbau des Hartz-IV-Systems kündigte er zudem eine große Sozialreform und einen grundlegenden Kurswechsel in der deutschen Sozialpolitik an. "Wir planen mit dem neuen Bürgergeld einen grundlegenden Kurswechsel in der Sozialpolitik, eine große Sozialreform. Das System wird umgebaut, entbürokratisiert und stärker darauf ausgerichtet, Menschen langfristig aus der Arbeitslosigkeit zu holen", sagte der Sozialdemokrat der "Rheinischen Post" dazu.
"Wir sagen: Wenn du ins Bürgergeld rutschst, unterstützen wir dich mit allen Mitteln dabei, langfristig aus der Arbeitslosigkeit zu kommen und du musst du dir erstmal keine Sorgen mehr machen, dass du deine Wohnung verlierst", erklärte der SPD-Politiker. "Es geht darum, dass die Menschen sich voll und ganz darauf konzentrieren können, langfristig aus der Arbeitslosigkeit zu kommen. Dafür befreien wir sie von existenziellen Sorgen um die Wohnung oder die kleinen Ersparnisse", sagte Heil.
"Konkret schaffen wir für zwei Jahre eine Karenzzeit, in der die Angemessenheit der Wohnung nicht überprüft wird und die Kosten der Unterkunft voll erstattet werden. Und wir sind künftig auch großzügiger bei den Ersparnissen. Hier soll die Anrechnung in den ersten zwei Jahren entfallen", sagte Heil. Zwei Drittel der Langzeitarbeitslosen hätten keine abgeschlossene Berufsausbildung.
Deshalb solle der so genannte Vermittlungsvorrang für eine Jobaufnahme abgeschafft werden. "Tatsache ist aber auch, dass zwei Drittel der Langzeitarbeitslosen keine abgeschlossene Berufsausbildung haben. Deshalb ist es richtig, dass wir uns zukünftig zuerst darum kümmern, dass eine Ausbildung nachgeholt wird und nicht die Vermittlung in den erstbesten Hilfsjob im Vordergrund steht", sagte Heil. "Auch wer zum Beispiel eine Aktivierungsmaßnahme absolviert, soll diese nicht abbrechen müssen für einen Job", sagte der Minister. "Es wird außerdem großzügigere Möglichkeiten beim Zuverdienst geben. Kinder von Grundsicherungsempfängern, die einen Ferienjob haben, werden nicht mehr erleben, dass das gegengerechnet wird", erklärte er. Auf die Frage, ob die neuen Regeln einen Anreiz böten, sich länger in der Grundsicherung einzurichten, sagte Heil: "Nein! Die meisten Menschen wollen arbeiten."
Foto: Reinigungskraft in einer U-Bahn-Station (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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