Gießen/Bonn - Mit deutlicher Kritik haben Arbeitsrechtler auf die Pläne des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) zur Aussetzung der Impfpflicht für Beschäftigte in Pflegeeinrichtungen reagiert. "Söder kann die Gesetzesbestimmungen zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht nicht aussetzen oder Übergangsfristen anordnen", sagte die Gießener Arbeitsrechtlerin Lena Rudkowski der FAZ. Gregor Thüsing, Inhaber des Lehrstuhls für Arbeitsrecht an der Universität Bonn, ergänzte auf Anfrage, "bei der Weigerung der bayerischen Staatsregierung, das Gesetz zu vollziehen, bleiben auch Einrichtungen in Bayern verpflichtet, Meldungen an die Gesundheitsämter zu machen."

Für die Gesundheitsämter würde das Vorhaben Söders, die Impfpflicht auszusetzen, zu erheblichen rechtlichen Unsicherheiten führen. "Wenn das Gesundheitsamt sehenden Auges auf Reaktionsmöglichkeiten verzichtet, die rechtlich vorgesehen und angemessen gewesen wären, ja vielleicht zwingend erforderlich, dann handelt auch die Aufsicht rechtswidrig", gab Thüsing zu bedenken. "Ein Gesetz, das nicht angewendet werden soll, hätte man nicht erlassen." Die Einzelfallentscheidungen, die die Gesundheitsämter gegen Impfverweigerer zu treffen hätten seien, "etwas anderes als ein angekündigter Rechtsbruch", sagte Thüsing mit Blick auf die Pläne Söders.

Zu einer von Unionspolitikern befürchteten Kündigungswelle für ungeimpfte Beschäftigte in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen sagten die Rechtswissenschaftler, allein die Entscheidung einer Pflegekraft, sich nicht impfen zu lassen, rechtfertige nicht automatisch eine Kündigung. "Kündigungen sind keine Sanktionen", stellte Rudkowski klar.

Foto: Impfpass (über dts Nachrichtenagentur)

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