Berlin - Im Bundestag werden die Rufe nach einer parlamentarischen Aufarbeitung der Fehler in der Russland-Politik lauter. "Die Verständigung mit Russland, die viele eingefordert haben, ging jahrelang zu Lasten der anderen Staaten des östlichen Europas, denen man faktisch ihre Souveränität abgesprochen hat, um aus übergeordnetem Interesse Frieden und Verständigung mit Russland zu erreichen", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstagausgabe).

"Das müssen wir aufarbeiten, aber nicht in Form eines Tribunals", forderte Roth. "Eine Enquete-Kommission, die versucht, Lehren für die Zukunft zu ziehen, fände ich gut", sagte der SPD-Politiker. Auch gesellschaftlich gebe es einiges zu besprechen. "Wir müssen uns fragen, wieso wir so viele Putin-Versteher hatten. Die deutsche Bevölkerung war ja bis zum Schluss mehrheitlich der Auffassung, dass wir Nachsicht mit Putin üben müssen, um den Frieden um jeden Preis zu wahren", sagte Roth.

Auch FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sprach sich für eine parlamentarische Aufarbeitung aus. Man könne nicht einfach sagen: "Sorry, das war ein Fehler, Ende aus." Mit Blick etwa auf die Energieabhängigkeit von Russland müsse im Bundestag darüber gesprochen werden, was dazu geführt habe und welche Lehren daraus gezogen würden.

"Ich kann mir eine Enquete-Kommission vorstellen, die die gesamte Russland-Politik betrachtet und Fehleinschätzungen untersucht", sagte der Außenpolitiker. "Es geht nicht darum, irgendjemanden vorzuführen. Aber wir sollten schon die richtigen Lehren ziehen für die Zukunft", sagte er. "Die SPD muss dann viele Fragen beantworten, aber auch die Union kann ihre Hände nicht in Unschuld waschen. Auch Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel müsste Auskunft geben", sagte Djir-Sarai.

Foto: Bundestag (über dts Nachrichtenagentur)

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