Brüssel - Die stellvertretende EU-Parlamentspräsidentin Katarina Barley (SPD) hat sich angesichts möglicherweise näher rückender Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine dafür ausgesprochen, keine Abstriche bei den Aufnahmekriterien zu machen. "Überstürzte Beitritte darf es nicht geben", sagte sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstagausgabe).

Wer einmal in der EU sei, könne nicht ausgeschlossen werden. "Das sehen wir derzeit am Beispiel Ungarn, einem Land, das die Rechtsstaatlichkeit systematisch aushöhlt. Umso wichtiger ist es, dass die für einen Beitritt festgelegten Kriterien wie zum Beispiel institutionelle Stabilität, funktionierende Marktwirtschaft und Rechtsstaatlichkeit voll und ganz erfüllt werden", sagte die SPD-Politikerin. Mit der schnellen Verleihung des Kandidatenstatus an die Ukraine komme man dem Land angesichts der aktuellen Lage richtigerweise entgegen. "Der Kandidatenstatus wäre ein wichtiges Signal in Richtung Moskau, dass sich die EU nicht einschüchtern lässt, wenn es darum geht, unsere Werte zu verteidigen", sagte Barley. Sie warnte aber vor einer "lockeren Auslegung" der damit verbundenen Anforderungen. "Wichtig ist das auch im Hinblick auf andere Beitrittskandidaten, die zum Teil schon seit sehr, sehr vielen Jahren darauf warten, dass ihre Verfahren weitergetrieben werden. Denen sind wir eine Gleichbehandlung schuldig", so die SPD-Politikerin. Im Zuge des Wiederaufbaus nach dem Krieg werde die Ukraine "aber sicher mit ganz viel Solidarität und Unterstützung seitens der EU rechnen können, um einem Beitritt gerecht werden zu können". Die EU-Kommission hatte den 27-EU-Mitgliedstaaten am Freitag empfohlen, die Ukraine als Beitrittskandidaten zu akzeptieren. Bei ihrem Gipfeltreffen in der kommenden Woche wollen die Staats- und Regierungschefs darüber beraten. Noch sind einige Staaten skeptisch. Einen offenen Streit darüber sieht Barley nicht aufziehen. "Ich bin mir ziemlich sicher, dass alle EU-Mitgliedstaaten gewillt sind, der Ukraine den Weg in die EU zu ebnen. Möglicherweise gibt es unterschiedliche Meinungen über den Zeithorizont, aber beim Ziel sind sich alle grundsätzlich einig", sagte die ehemalige Bundesjustizministerin der NOZ.

Foto: Katarina Barley (über dts Nachrichtenagentur)

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