Berlin - Nach Einschätzung des Deutschen Bundeswehrverbandes (DBwV) ist maximal die Hälfte aller Waffensysteme der Bundeswehr einsatzbereit. "Die Politik hat richtigerweise erkannt, dass die weltweiten Risiken und Bedrohungen unserer Sicherheit eine Vollausstattung der Bundeswehr erfordern", sagte der DBwV-Vorsitzende André Wüstner der "Welt" (Montagausgabe).

"Doch da liegen wir maximal bei 50 Prozent. Bei einigen Systemen wie Hubschraubern oder den alten Tornados ist es noch schlimmer, da ist die Lage prekär." Das Verteidigungsministerium hatte in einem Bericht für den Bundestag von durchschnittlich zu 74 Prozent einsatzbereiten Hauptwaffensystemen gesprochen. Wüstner kritisierte diesen Wert als unglaubwürdig. "Solche Meldungen irritieren die Truppe und zeichnen in der Gesellschaft ein falsches Bild. Denn diese 74 Prozent beruhen auf abstrusen Berechnungsmodellen und haben mit der täglichen Lebenswirklichkeit in der Truppe nicht ansatzweise etwas zu tun", so der Oberstleutnant. "Ob in einer Einsatzflottille der Marine, einer Division des Heeres oder einem Luftwaffengeschwader: Überall verwalten die Frauen und Männer noch immer den Mangel, allen vor vielen Jahren politisch ausgerufenen Trendwenden zum Trotz." Die schlechte Einsatzbereitschaftslage bedeute für die Soldaten Frust, so Wüstner: "Und wenn die Kameraden dann noch von 74 Prozent Klarstand der Waffensysteme lesen, sorgt das in Teilen für Verdrossenheit oder zumindest für einen Verlust an Glaubwürdigkeit von Politik." Der Verbandschef warnte davor, angesichts der Kosten der Corona-Pandemie an der Bundeswehr zu sparen. "Innere und äußere Sicherheit sind Kernaufgabe staatlichen Handelns", sagte Wüstner. Einsparungen seien auch das falsche Signal an die NATO und den neuen US-Präsidenten Joe Biden. Es gelte, die Zusage von drei voll ausgerüsteten Heeres-Divisionen bis 2031 einzuhalten: "Dieses Ziel hat die Regierung unter Federführung des Außenministers aus guten Gründen so beschlossen, so steht es in allen unseren sicherheitspolitischen Grundlagendokumenten. Und so ist es der NATO zugesagt. Es wäre ein fatales Signal in Richtung der Partner und der neuen US-Administration, wenn Deutschland sich gerade jetzt vereinzelt aus dem Staub macht und die deutschen Planungsziele für die Allianz nach unten korrigiert. Das untergräbt Vertrauen."

Foto: Bundeswehr-Soldaten (über dts Nachrichtenagentur)

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