Berlin - In der deutschen Politik ist eine Debatte über den Umgang des US-Elektroauto-Herstellers Tesla mit deutschen Tarifstandards entbrannt. Hintergrund sind Aussagen des Chefs der Arbeitsagentur in Frankfurt an der Oder, Jochem Freyer, zur Entlohnungspraxis des Autobauers in seinem neuen Werk in Grünheide bei Berlin.

Danach will Tesla in der niedrigsten Lohngruppe ein Brutto-Monatsgehalt von 2.700 Euro zahlen, gleichzeitig aber den Gehaltstarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie nicht übernehmen und anwenden. Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler (CDU), warf Tesla vor, die Sozialpartnerschaft in Deutschland zu beschädigen. "Die Übernahme des Geschäftsmodells Amazon durch Tesla setzt die Beschäftigten in der deutschen Automobilindustrie, die sich in schwierigen Verhandlungen über Arbeitsplatzabbau befinden, weiter unter Druck", sagte Bäumler dem "Handelsblatt" (Montagausgabe). "Tesla verschafft sich unredliche Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Automobilherstellern in Deutschland."

Amazon, das in Deutschland mehrere Logistikzentren betreibt, lehnt Tarifverträge grundsätzlich ab. Auch der Chef des SPD-Arbeitnehmerflügels, Klaus Barthel, übte Kritik. "Zahlen über irgendwelche angeblichen Bruttogehälter und eine "Orientierung" am Tarifvertrag sind völlig wertlos, weil es auf den gesamten Rahmen ankommt, also Arbeitszeiten, Urlaub, Zuschläge, Sonderzuwendungen", sagte Barthel dem "Handelsblatt". Natürlich bringe man tarifgebundene Unternehmen damit unter Druck.

"Die Lohnlücke zwischen West und Ost wird sich weiter öffnen", warnte Barthel. "Dass das unter Ausnutzung der Arbeitsmarktlage in der Region von Anfang an so geplant war, konnte sich jeder an den Fingern abzählen." Der Unions-Wirtschaftsflügel nahm Tesla in Schutz. "Es ist eine gute Nachricht für alle Arbeitssuchenden in der Region, dass Tesla unabhängig von Gewerkschaften und Tarifverträgen eine solch gute Entlohnung zusagt", sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand, Christian von Stetten, dem "Handelsblatt".

Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) sagte dem "Handelsblatt", er finde es bemerkenswert, dass in einer Zeit, in der die Geschwindigkeit des Projekts kritisiert werde, die Frage der Tarifbindung "bereits vorgestern" geklärt werde solle. "IG Metall und Tesla werden zur gebotenen Zeit über Sozialpartnerschaft miteinander reden. Und ich gehe davon aus, dass sich Tesla den sehr guten Argumenten der IG Metall am Ende auch nicht entziehen wird."

Foto: Standort von neuer Tesla-Fabrik in Brandenburg (über dts Nachrichtenagentur)

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