Deutschland scheint ein Problem mit Anti-Vaxxern zu haben. Heute haben nur 68% der Bevölkerung eine COVID-Impfung erhalten. Im Vereinigten Königreich und in Frankreich liegen diese Zahlen bei 72 % bzw. 75 %.[1]

Woran mag das liegen?

Eine soeben publizierte Studie kann uns vielleicht eine (Teil-)Antwort auf diese Frage geben. Hier ist die Zusammenfassung dieser Publikation[2]:

Hintergrund: Eltern stehen im Rahmen der eigenen Impfung und der Kinderimpfung mit einem COVID-19-Vakzin vor einer Impfentscheidung. Zum aktuellen Zeitpunkt gibt es keine (vollständige) Impfempfehlung.

Fragestellung: Die Studie untersucht die Impfbereitschaft von Eltern minderjähriger Kinder und Personen ohne minderjährige Kinder, wobei insbesondere Geschlechtsunterschiede überprüft werden.

Methoden: Die Studie basiert auf einer Zufallsstichprobe (Telefon-Survey, n = 2014, Erhebung zwischen 12.11.2020 und 10.12.2020). Die Auswertung stützt sich insbesondere auf die Teilstichprobe von Personen mit minderjährigen Kindern im Haushalt (n = 461).

Ergebnisse: Eltern weisen durchgängig eine geringere Impfbereitschaft mit einem COVID-19-Vakzin auf als Befragte ohne minderjährige Kinder (54,1 % vs. 71,1 %). Väter weisen eine stärker ausgeprägte eigene Impfbereitschaft auf als Mütter. Darüber hinaus sind Männer eher als Frauen bereit, das eigene Kind mit einem COVID-19-Vakzin impfen zu lassen.

Schlussfolgerungen: Bei Eltern und insbesondere Müttern ist eine erhebliche Fehleinschätzung von Impfrisiken und häufiger Glaube an Impfverschwörungstheorien zu beobachten. Empfohlen werden anschauliche und leicht verständliche Informationen über die Wirkung und Nebenwirkungen der Impfung mit einem COVID-19-Vakzin durch zuständige Institutionen und Ärzte.

Die aus meiner Sicht brisanteren Daten finden wir jedoch erst im Ergebnisteil der Veröffentlichung. Hier wird folgendes berichtet:

In der Gesamtstichprobe ist mit Ablehnung „alternativer Heilmethoden" eine signifikant höhere Impfbereitschaft verbunden. Ebenfalls besteht ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Haltung zur Homöopathie und der eigenen Impfbereitschaft: Wird Homöopathie befürwortet, ist die Impfbereitschaft geringer. Auch in der Teilstichprobe der Eltern zeigt sich dieser Zusammenhang zwischen der Haltung zu Homöopathie und Impfbereitschaft. Unter Eltern sind es wiederum Frauen, die signifikant häufiger eine positive Haltung zur Homöopathie haben als Männer, die häufiger gar nichts davon halten.

Und schließlich beschreiben die Autoren auch, dass sie die Studienteilnehmer folgende konkrete Frage gestellt haben:

Wenn ein Impfstoff gegen das Coronavirus in Deutschland zugelassen wird: Würden Sie sich impfen lassen?

Die Antworten sprechen für sich:

  • Von denjenigen Eltern, die angaben viel von der Homöopathie zu halten, antworteten 41% ‚SICHER NICHT'.
  • Von Eltern, die gar nichts von der Homöopathie hielten, belief sich dieser Prozentsatz nur auf 10%.

Die fehlende Impfbereitschaft von Anhängern der Homöopathie ist vielfach belegt - nicht zuletzt durch meinen letzten PUBLIKUM-Artikel. Es stellte sich aber immer die Frage, was da nun das Huhn und was das Ei ist. Werden Impfgegner oft zu Homöopathie-Anhängern, oder werden Homöopathie-Anhänger gerne zu Impfgegnern? Die vorliegende Studie lässt wenig Zweifel daran, dass Letzteres der Fall ist.

Und das bedeutet letztlich, dass Deutschlands Problem mit den Anti-Vaxxern im Kern wohl ein Problem mit der Homöopathie-Sekte ist.


  1. INFOGRAPHIES. Coronavirus : morts, hospitalisations, âge des malades... Suivez l'évolution de l'épidémie en France et dans le monde (francetvinfo.fr) ↩︎

  2. Altenbuchner A, Haug S, Schnell R, Scharf A, Weber K. Impfbereitschaft von Eltern mit einem COVID-19-Vakzin: Die Rolle von Elternschaft und Geschlecht [Parents' Willingness to Vaccinate with a COVID-19 Vaccine]. Padiatr Padol. 2021 Oct 1:1-5. German. doi: 10.1007/s00608-021-00925-2. Epub ahead of print. PMID: 34611368; PMCID: PMC8485570. ↩︎

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