Der chinesische Dichter Shu Xi schrieb schon im 3. Jhdt. eine Ode an die Nudel:

Im Frühling essen wir Dampfbrot beim Bankett. Im Herbst, wenn der Nordwind weht, bieten wir unseren Freunden Sauerteigbrot an, und im Winter trösten wir uns mit einer Schüssel Nudeln in Suppe.

Man ist sich heute fast sicher, dass die Chinesen als Erste auf die Idee gekommen sind, aus Mehl und Wasser einen Teig zu formen und diesen zu kochen, anstatt ihn zu backen. Doch die Nudel ist viel älter, als bisher vermutet. Archäologen haben in Lajia am Gelben Fluss die bis dato ältesten Nudeln der Welt entdeckt. Sie fanden eine Schale mit 50cm langen und 3mm dicken Hirse-Nudeln unter einer drei Meter dicken Erdschicht. Man nimmt an, dass ein Erdbeben oder eine Flut jene Siedlung vor 4000 Jahren zerstört haben könnte. Wahrscheinlich war Hirse das erste angebaute Getreide in dieser Region, welche sich, wie auch Weizen, die höchstspirituelle Eigenschaft hat, sich zu Nudeln formen zu lassen. Diese urzeitliche Mahlzeit erinnert an die traditionellen La-Mian-Nudeln, welche heute noch per Hand gefertigt werden. Dabei scheint es sich um ein Rezept chinesischer Piraten zu handeln, welches in unseren Breiten noch recht unbekannt ist. Wir können nur Vermutungen anstellen, wie die chinesischen Piraten die Nudel kochten, also das Ritual der Wandlung durchführten.

Wobei diese Datierung – so wie eine jede Datierung – höchst fraglich ist. Archäologen datieren ihre Funde oft mit der C14- bzw. der Radiokarbonmethode, welche 1946 vom Chemiker und Physiker Willard F. Libby (1908 – 1980) entwickelt wurde. In unserer Atmosphäre – also, im Himmel – entsteht das radioaktive Isotop C14 dadurch, dass mittels kosmischer Strahlung das Stickstoff-Isotop N14 in C14 umgewandelt wird. Es ist also stets ein konstanter Anteil C14 in unserer Atemluft vorhanden. Lebendige Organismen bauen somit stets C14 in ihre Strukturen ein. Tote organische Materie hat keinen Stoffwechsel mehr und führt kein neues C14 mehr zu. Da C14 mit einer Halbwertszeit von ca. 6000 Jahren zerfällt, kann man über den in alten Proben gemessenen Anteil an C14 auf das Alter, also auf den Todeszeitpunkt, rückrechnen. Für diese Leistung wurde Libby 1960 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet. Es ist jedoch fraglich, ob ein C14-Test überhaupt eine sinnvolle Aussage liefern kann. Denn wir müssen damit rechnen, dass das Fliegende Spaghettimonster in Seiner unergründlichen Scherzhaftigkeit jede C14-Messung mit Seinen Nudeligen Anhängseln verfälscht. Atheistische Wissenschaftler erkennen dies üblicherweise nicht an. Es sind uns jedoch zahlreiche Texte bekannt, die detailreich beschreiben, wie dies möglich ist und warum Es das tut. Es hat die Welt so aufgebaut, dass wir glauben, sie sei älter als sie wirklich ist.

Gewisse Spannungen entstehen bei manchen Mitgläubigen, sobald man das Wort „Reisnudel“ auch nur erwähnt. Obwohl die Reisnudel ebenso traditionell ist, sie kommt aus dem China der Qin-Dynastie, wird sie von einigen Piratensekten nicht als der Weizennudel spirituell ebenbürtig betrachtet und wird folglich nicht verehrt. Als die Menschen nach Südchina vorstießen, fanden sie ein reisfreundliches, heißes Klima vor. Aus religiösen Gründen, so kann man vermuten, erfanden sie die Reisnudel und es wurde aus der Not eine lokale Tugend, die sich jedoch schnell ausbreitete. Auch im Indien kennt man die Reisnudel schon seit 2000 Jahren. Das Gericht Idiyappam wird aus zu Nudeln gepresstem Reismehl, die in eine flache Form geflochten werden, zubereitet. Es gibt auch eine süße Variante mit Kokosnuss oder Banane, welche von Südseepiraten zu uns gebracht wurde. Wie auch immer, die reistoleranten Pastafari wettern gegen die Weizenpuristen und umgekehrt. Kinder, wir werfen anderen gerne ihre religiös bedingten Intoleranzen vor, so haltet’s Maul und benehmt euch ehrenhaft!

Sculptural bust of traveler Marco Polo.
Foto von Egor Myznik / Unsplash

Wir werden nun eine fadenscheinige Geschichte aus der Geschichte Eurasiens aufklären. Dabei handelt es sich um die Irrtümer in der Geschichtsschreibung rund um den venezianischen Händler, Seefahrer und Piraten Marco Polo (ca. 1254 – 1324), dem fälschlicherweise nachgesagt wird, die Nudel aus China zu uns gebracht zu haben. Vorab muss man sagen, dass die Nudel in Griechenland und in Italien schon in der Antike bekannt war, was durch Abbildungen von Geräten zur Nudelherstellung aus dem 4. Jhdt. belegt ist. Jene Bilder zeigen ein Nudelbrett, eine Teigzange und ein Nudelholz – es bleibt also wenig Raum für Zweifel. Aus dem 9. Jhdt. sind Texte syrischen Ursprungs bekannt, welche auf Sizilien gefunden wurden. Sie beschreiben „Itrya“, getrocknete Nudeln aus Hartweizengrieß. Auch aus dem 12. Jhdt. gibt es Berichte, die bezeugen, dass es in Sizilien eine fadenförmige Speise aus Mehl gab.

Viele Menschen aber glauben heute noch, dass Marco Polo die Nudel im 13. Jhdt von China nach Italien brachte, wo sie weiterentwickelt wurde. Keiner kann beweisen, dass er am chinesischen Hof nicht heimlich die Nudelmacherei beobachtet hat, es ist aber unumstritten, dass Polo mehrere Nudelsorten und einige Rezepte aus China mitbrachte.

Der wichtigste Unterschied zwischen beiden Kulturen ist, dass die Chinesen ihre Nudeln in die Suppe gaben, währen die Italiener sie trocken aßen, wie der Name des Gerichtes Pasta asciutta (ital. asciutta ‚trocken‘) bezeugt.

Was man in Italien aber am allerallerwenigsten hören will: Die Griechen haben die Nudel unter dem Namen laganon (altgr. ‚großes, dünnes, in Streifen geschnittenes Nudelblatt‘) nach Süditalien gebracht, woraus die Römer, die ja alles Griechische abkupferten, das lateinische Wort laganum machten. In einigen süditalienischen Gebieten wird die Nudelsorte Tagliatelle auch heute noch laganelle genannt.
Aber eines muss man den Italiener*innen lassen: Nur sie sind die Erfinderinnen des Multiphasenzustandes genannt „al dente“. Weil es bei neapolitanischen Strassennudelhändlern des 16. Jhdts. schnell gehen musste, wurden die Nudeln nur wenige Minuten lang gekocht. Sie wurden nicht ganz weich. Man nannte es „bissfest“ und erklärte den Bug zum Feature.

"Rimini Air Show", September the 1st, 2019
Foto von Nicola Gambetti / Unsplash

Die jungen Römer und Römerinnen haben auch eine unsagbar breite Nudelkultur mit bis zu 600 Nudelsorten aufgebaut, gepflegt und weiterentwickelt. In Italien ist Pasta nicht nur etwas zu essen, sondern sie hat auch definitiv mit Politik, Heimat, Identität und Religion zu tun. So munkelt man auch, dass der „Tricolore Mythos“ eine tiefe spirituelle Verbindung mit Spaghetti al Pomodoro mit einem Basilikumblatt hat.

Vor Kurzem wurde schließlich die 601. Nudelsorte entwickelt. Der US-amerikanische Nahrungsmitteljournalist und Podcaster Dan Pashman hast drei Jahre seines Lebens investiert, um eine neue optimierte Nudelform zu finden, die er „Cascatelli“ nannte. Nudeln, die wie Kommata mit gekrausten Rändern aussehen. Für den Nudelneuling sind Spaghetti „schrecklich“, da sie wegen ihrer singulären Form einen zu kleinen Soßenanhaftungskoeffizienten besitzen. Pashman optimierte seine Nudel nach den folgenden drei Kriterien: Soßenanhaftungskoeffizient (‚sauceability‘), Gabelabilität (‚forkability‘) und Zahneingrabungszahl (‚tooth sinkability‘). Er sieht die Nudel also eher als ein Soßentransportmittel. Bislang bleibt dem Erfinder nur zu hoffen, dass die Italiener*innen und die Pastafari seine neue Nudel mögen mögen.

RAmen.