Warum wir uns mit der Bekämpfung der Corona-Pandemie so schwertun

Die Frage, warum Deutschland in der Corona-Bekämpfung zu einem der europäischen Sorgenkinder mutierte, treibt zurzeit alle um: Politiker, Wissenschaftler und Journalisten debattieren hitzig darüber, was dazu geführt hat, dass ausgerechnet wir Deutschen, die wir noch im Frühjahr als europäisches Vorbild im Umgang  mit der Pandemie galten, uns mit der Akzeptanz und der Umsetzung der Corona-Maßnahmen so schwer tun. Umfragen zeigen, dass die meisten Deutschen der Ansicht sind, dass die derzeit verhängten Maßnahmen angemessen seien oder sogar noch verschärft gehörten. Woran liegt es also, dass wir diese zweite Welle seit Wochen nicht in den Griff bekommen? Dafür lohnt es sich, neben den politischen Ursachen, auch mal auf die Gesellschaft als Ganzes zu blicken.

Während der ersten Welle im Frühjahr gab es über mehrere Wochen einen harten Lockdown – wesentlich härter, als der jetzige Lockdown, der seit vergangenem Mittwoch gilt. Die Menschen hielten sich damals an die Maßnahmen: Man blieb zu Hause, traf sich mit niemandem, ging vielleicht mal spazieren oder joggen. Zufällige Begegnungen auf der Straße mündeten in einen kurzen Small-Talk. Man tauschte das nötigste aus, beeilt sich dabei und hielt den Mindestabstand ein, machte unter Umständen noch einen Schritt zurück, um sicherzugehen, dass die 1,5 Meter gewahrt waren. Reisen wurden abgesagt, Flüge gab es ohnehin so gut wie keine mehr. Durch die klaren und strikten Anweisungen und die Disziplin der Menschen, und natürlich auch durch den Eintritt des Sommers, der es ermöglichte die Ansteckungen, die besonders häufig in geschlossenen Räumen stattfinden, zu bremsen, bekam Deutschland die erste Welle gut in den Griff. Der Schreck war zunächst gebannt. Das Virus schien bezwungen, man kannte womöglich noch nicht einmal jemanden, die oder der sich infiziert hatte, geschweige denn schwer erkrankt war.

Der Sommer in Europa war unbeschwert und ausgelassen, viele gingen wieder in Restaurants, in den Biergarten und flogen sogar in den Urlaub. Gegen Ende des Sommers, mit den ersten kühleren Tagen dann erneut ein erster Anstieg der Infektionszahlen. Hotspots, Partys, Fleischindustrie. Das war nun das neue Bild von Corona. Eine stark polarisierte Vorstellung von den vernünftigen Bürgern, auf der einen Seite, den Party People, den ausbeuterischen Arbeitgebern mit ihrem seit diesem Herbst wohl prominentesten Vertreter Clemens Tönnies, den Coronaleugnern auf der anderen. Man wägte sich so in Sicherheit. Corona, das betrifft mich nicht. Das betrifft nur die andern, die Verantwortungslosen oder Menschen, die extremen Bedingungen ausgesetzt sind.

Und so kam der Herbst, und die Zahlen stiegen wieder stetig. Nachdem es im Sommer noch möglich war Cluster zu identifizieren und in Hotspot-Regionen gezielt durchzugreifen, während im Rest des Landes das Leben seinen Lauf nahm, stießen die Gesundheitsämter mit Beginn der kälteren Jahreszeit langsam wieder an ihre Grenzen. Nachdem es im Frühjahr besonders der R-Wert, also die Reproduktionszahl war, die uns als statistische Größe durch die öffentliche Berichterstattung führte, war nun immer öfter die Rede von der 7-Tage-Inzidenz (7TI). Der Wert bestimmt die Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb der letzten sieben Tage. Dabei ist mit dem Inzidenzwert von 50 eine entscheidende Grenze definiert worden. Eine der Vorkehrungen, welche die Politik über den Sommer getroffen hatte, um der zweiten Welle im Herbst und Winter begegnen zu können, war eine Aufstockung des Personals bei den Gesundheitsämtern, damit diese bis zu einer 7TI von 50 – für eine Stadt wie München bedeutet das beispielswiese zwischen 700 und 800 Neuinfektionen pro Woche – eine problemlose Kontaktnachverfolgung gewährleisten können.

Als die deutschlandweite Inzidenz Mitte Oktober die 35er Marke überstieg, reagierte die Politik mit Alarmbereitschaft. 35 galt im neueingeführten Ampelsystem als ein zwischengeschalteter Schwellenwert, ab dem verschärfte Vorkehrungen zu treffen seien, damit die Inzidenz nicht bis zum Grenzwert von 50 ansteigt, mit ersten Optionen wieder schärfere Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen oder strengere Hygiene- und Abstands-Konzepte in Kitas und Schulen umzusetzen. Dieser Wert schwebte wie ein Damoklesschwert über allen, die einen erneuten Lockdown fürchteten, die um ihr Existenzen, die Bildung und die Betreuung der Kinder und um ihre Freiheiten bangten. Ende Oktober stiegen die Zahlen sprungartig an. Der Inzidenzwert überschritt sogar die 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern wöchentlich. Auf einer Pressekonferenz am 28. Oktober mit der die Bevölkerung über den Eintritt eines sogenannten Lockdown lights informiert wurde, spricht die Kanzlerin von einem exponentiellen Anstieg der Zahlen mit Verdopplungszeiten, die sich weiter verkürzt hätten – auf eine Woche.

Was dann folgte ist Geschichte: Am 2. November ging Deutschland in den Lockdown light, der zunächst zu einem Stopp des exponentiellen Wachstums führte. Die Infektionszahlen pendelten sich auf einem sehr hohen Niveau ein, stiegen aber nicht weiter an. Einen Monat später, am zweiten Dezember, gab die Kanzlerin auf einer weiteren Pressekonferenz sogar leichte Entwarnung. Die Zahlen würden moderat sinken, die Ende November nochmals leicht verschärften Maßnahmen dennoch bis zum 10. Januar verlängert, denn vom Ziel, die Inzidenz wieder unter 50 zu bekommen, um eine lückenlose Kontaktnachverfolgung durch die Gesundheitsämter zu gewährleisten, seien wir noch weit entfernt.

Es folgte die Dynamik der Vorweihnachtszeit, das rege Treiben kurz vor Jahreswechsel, wie es jedes Jahr die Innenstädte an den Rand ihrer Belastungsgrenzen bringt. Zahlreiche Projekte in den Unternehmen, die zum Jahresende noch zu einem Abschluss gebracht werden müssen und Homeoffice und Hygiene-Konzepte zunächst wieder in den Hintergrund rücken ließen. Das exponentielle Wachstum bei den Neuinfektionen ist wieder da – die Krankenhäuser inzwischen überlastet. Es werden fast täglich Zahlen zwischen 500 und 1000 verstorbener Frauen und Männer in Deutschland gemeldet. Die Zahlen, mit denen wir es derzeit zu tun haben, sind Zahlen, wie sie zu Beginn des Herbstes von manchem Politiker noch als Panikmache oder Hysterie gelabelt wurden. Inzwischen steht auch die These im Raum, dass uns die neue Virus-Mutation mit der Bezeichnung B.1.1.7 aus England schon längst erreicht haben könnte, was den erneuten starken Anstieg an Infektionszahlen seit Anfang Dezember mitbegründet.

Seit vergangenem Mittwoch sind wir nun erneut im harten Lockdown und die Zahlen steigen weiter. Inzwischen kämpft Deutschland mit einer durchschnittlichen Inzidenz von über 200 Neuinfizierten pro 100.000 Einwohnern, während in manchen Regionen, die Marken von 300, 400 und sogar 500 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern wöchentlich, letztere beispielsweise in der Krisenregion Sachsen, überschritten werden. Die Ergebnisse des geltenden härteren Lockdowns sind derzeit noch nicht zu registrieren. Es steht aber auch jetzt ohnehin die Frage im Raum, ob dieser seine erhoffte Wirkung zeigen wird und wie lange Deutschland wieder im eingeschränkten Betrieb verharren muss, damit diese wahnsinnig hohen Zahlen gesenkt werden können.

Was war also passiert? Warum schaffen wir in Deutschland es nicht, die Pandemie in den Griff zu bekommen, obwohl die meisten Menschen vernünftig sind, obwohl die Maßnahmen von einem Gros der Leute akzeptiert werden?

Während seit den Sommermonaten stereotypisiert und vorurteilsvoll die jungen Menschen wegen ihrer Partys in der Kritik standen und zurecht auch die Corona-Leugner und Maskenverweigerer, die angesichts der Tatsache, dass sie eine sehr kleine Minderheit im Land darstellen, überproportionale Aufmerksamkeit von Politik und Medien erhalten, spielt sich in der Mehrheitsbevölkerung ein Szenario ab, dass sich als Trittbrettfahrer Phänomen beschreiben lässt.

Wir alle nämlich, wir ganz normalen Menschen, die wir nicht für unsere wilden Partys in Verruf sind und auch immer brav unsere Masken tragen, sind diejenigen, die auch gerne mal die Kontaktbeschränkung ausreizen, vielleicht sogar auch mal ein bisschen überreizen möchten. Es sind Martina und Stefan, die ihren Hochzeitstag doch einfach nur mit ihren beiden Trauzeugen feiern möchten anstatt, wie erlaubt, mit Personen nur eines anderen Hausstandes. Oder wir Eltern, die wir denken, ach was macht es schon, wenn das Nachbarskind auch noch zum Kindergeburtstag dazu kommt – dann sind es eben drei statt zwei Kindern. Sie sind ja schließlich alle gesund, und ob Kinder wirklich so ansteckend sind, weiß man ja auch noch gar nicht. Unbewusst spielt auch wieder die Tatsache eine Rolle, dass man selbst noch gar keinen schweren Covid-19 -Fall im Bekanntenkreis hatte oder die Rechtfertigung, ich bin ja gesund, was soll schon passieren. Dann sind wir halt mal einer mehr als erlaubt.

Die wenigsten waren im Sommer bereit, auf ihren Urlaub zu verzichten. Wird schon nichts passieren. Damals stellte dieses Verhalten, angesichts der saisonalen Präferenz des Virus, auch noch kein großes Problem dar. Jetzt ist es aber eins, wenn doch jeder gerne nochmal in die Innenstadt möchte, hier noch ein paar Weihnachtseinkäufe, zum Friseur, Erledigungen. Vielleicht noch schnell mit einer Freundin eine Tasse Glühwein trinken. Was ist schon dabei. Es ist schließlich erlaubt. Selbst das Abstandhalten unter Nachbarn beim Smalltalk auf der Straße klappt nicht mehr so gut wie im Frühjahr. Zu groß muss die Selbstdisziplin sein, sich täglich bei jeder Begegnung selbst am Riemen zu reißen und daran zu erinnern, dass man jetzt besser einen Schritt zurücktritt. Man möchte auch sein Gegenüber nicht düpieren oder gar hysterisch oder unhöflich wirken, wenn man diesem durch Ausweichen vielleicht signalisiert, man halte ihn möglicherweise für krank und möchte sich nicht anstecken. Der Trittbrettfahrer-Vergleich rührt daher, dass jeder für sich das Maximale herausholen möchte, so nah wie möglich am Vor-Corona-Alltag dran sein möchte. Richten werden es schon die anderen, wenn sie sich einschränken.

Der öffentliche Diskurs wird seit Monaten von dem Narrativ dominiert, dass es die Anderen, die Covidioten sind, die Schuld daran haben, dass die Krankenhäuser volllaufen, dass in einigen Kliniken bereits von Triage gesprochen wird. Aber zu einfach ist diese Polarisierung zwischen uns, den Vernünftigen und den anderen, den Covidioten. Und zu schmerzhaft ist es, sich einzugestehen, dass wir alle mit einer größeren Bereitschaft zum Verzicht unseren Beitrag leisten könnten. Ein Umdenken ist gefragt, sonst schaffen wir das nicht, bevor noch in mehr Bundesländern aus den Kliniken Triage vermeldet wird.

Und dann ist da noch die Politik

Die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten bitten die Bevölkerung seit Ende Oktober in ihren Pressekonferenzen stetig darum, nicht alles was erlaubt ist, immer maximal auszureizen. Nun stellt sich aber die Gegenfrage: Warum gibt es dann nicht gleich härtere Maßnahmen? Unter Experten mehren sich die Stimmen, die mit dem Begriff Zero Covid eine harte Strategie zur Pandemie-Bekämpfung anmahnen, die, wie in einigen Ländern Asiens, aber beispielswiese auch in Neuseeland, zu einer vollständigen Kontrolle des Virus geführt hat, so dass es kaum neue Infektionsfälle gibt und die Menschen ihren normalen Alltag wiederhaben. Das ist besser für die Gesundheit und für die Wirtschaft. Warum also bei uns diese wochenlange Hängepartie, die weder die Zahlen in den Griff bekommt, noch die Wirtschaft schont?

Die Politik in modernen Demokratien sitzt in so einer Ausnahmesituation, wie sie die Pandemie gerade darstellt, in einer Zwickmühle. Einerseits möchte sie handeln, ihre Bürger und ihre Wirtschaft schützen. Andererseits stehen die gewohnten Handlungsoptionen hier nicht zur Verfügung. Zu schnell müsste es gehen, damit die Maßnahmen Wirkung zeigen. Unsere Demokratie jedoch ist es gewohnt, dass jeder politischen Entscheidung jahre- wenn nicht jahrzehntelange politische Debatten und Diskurse vorangehen. Gerade in Deutschland, mit seiner, wenn nicht großen dann doch besonders lauten Anti-Corona-Bewegung, tut man sich schwer, entschlossen durchzugreifen. Der Begriff der „Merkel-Diktatur“, wie er von Rechtsradikalen und Corona-Leugnern verwendet wird, hängt jedes Mal vorwurfsvoll im Raum, wenn die Vertreterinnen und Vertreter von Bund und Ländern zu ihren regelmäßigen Lage-Besprechungen zusammenkommen. So kommt es, dass es einer kleinen aber lauten Mehrheit gelingt, den Diskurs zu vergiften, so dass Politiker unter dem Eindruck agieren, es mangele in der Bevölkerung an Akzeptanz für ein hartes Durchgreifen. Das Ergebnis sind Kompromisse, gespickt mit Ausnahmen von der Ausnahme und im Endeffekt Maßnahmen, die nicht effektiv sind und nicht so entschieden ausfallen, wie nötig.

Das Resultat ist ein Wirrwarr an Informationen von Seiten der Politik, das schon fast als Desinformation bezeichnet werden kann, wenn sicherlich auch nicht gezielt. Durch die zahlreichen Beschlüsse, deren Abschwächungen und Zusatzklauseln, die Ausnahmeregelungen, ist es den Menschen nicht mehr möglich, der Politik zu folgen. Der Appell an die Eigenverantwortung ist aus oben genannten Gründen allerdings auch gescheitert. Das führt zu diesem Teufelskreis, von dem nicht sicher ist, wie wir da wieder herauskommen werden und ob der 10. Januar tatsächlich unsere realistische Zielmarke sein kann.

Diese als inkonsistent wahrgenommene Politik verstärkt das Phänomen des Trittbrettfahrens, des Abwälzens der Verantwortung auf die anderen in der Gesellschaft. Denn, wo ich mich gut abgeholt fühle, bin ich vielleicht auch eher bereit dazu, selbst Abstriche zu machen. Eine Politik, die den Menschen nicht logisch und nicht gerecht erscheint, da sie so Kleinteilig ist, so viele Sonderregelungen in Kraft sind, dass sie nicht mehr verstanden werden – oder auch der Teillockdown des Monats November, der nur manche Menschen, nur manche Existenzen trifft, andere nicht – da sinkt auch die Bereitschaft, eigene Opfer für die gemeinsame Sache zu bringen.

Wie eine Parodie ihrer selbst kommt da die von der Bundesregierung ausgegebene Grafik daher, die anhand von Spielfiguren verschiedene Varianten abbildet, in welchen Konstellationen in Deutschland Weihnachten gefeiert werden darf und in welchen nicht. Auch hier wieder zahlreiche Ausnahmen, die skurrile Verhandlungen der politischen Entscheider und deren Kompromissfindung erahnen lassen. Man kann förmlich hören, wie bei einer gemeinsamen Sitzung von Kanzlerin, Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidentinnen um Kompromisse gerungen wird, als besprochen wurde, wie man den Menschen in Deutschland das gemeinsame Weihnachtsfest ermöglichen wolle. Diese Unklarheit lädt aber genau dazu ein, wieder alle Fünfe grade sein zu lassen – es versteht ja sowieso keiner genau wie es gemeint ist. Die Kernbotschaft, die eigentlich lautet, bleibt nach Möglichkeit zu Hause, trefft euch möglichst mit niemandem, die geht unter.

Deshalb ist es wichtig, dass die Politik klare Vorgaben macht. Viele Menschen sind bereit, sich an Regelungen zu halten, wenn diese sinnvoll erscheinen und gut kommuniziert werden. Ein diffuser Informations-Wirrwarr bremst die Möglichkeiten, sich an Selbstverständliches zu halten, das eh allen klar ist. Weil es das oft eben nicht ist. Und noch etwas kommt hinzu, wenn sich die Maßnahmen ständig ändern. Sie werden schlichtweg nicht mehr ernst genommen. Etwas, das zwei Wochen gilt, bevor es wieder durch etwas anderes ersetzt wird, kann ja dann doch nicht so wichtig gewesen sein.

Anstatt, dass alle in Deutschland lebenden Menschen wissen: An Weihnachten darf ich mich beispielswiese mit insgesamt 9 weiteren Personen treffen, egal wie alt diese sind und in welchem genauen Freundschafts- oder Verwandtschaftsverhältnis ich zu ihnen stehe. Das wäre für alle einfacher und leichter zu akzeptieren. So riskiert man, dass es vielen egal ist, da sie sich nicht mehr die Mühe machen wollen, die Logik hinter der Verordnung zu verstehen. Noch dazu in einem Fall, wie der Privaten Weihnachtsfeier, bei der niemand nachweisen kann, ob ich es so gemacht habe oder anders.

Allzu bekannt ist das beschriebene Phänomen einer Gesellschaft voller Trittbrettfahrer aus anderen Krisen, die weit größer sind und mit denen die Menschheit bereits viel länger konfrontiert ist, und denen sie auch lange nach Corona noch ins Auge blicken muss, wie der Bewältigung der Klimakrise. Zu beobachten ist eine Trittbrettfahrer-Gesellschaft, die davon ausgeht, dass die anderen wohl genügend unternehmen und man selbst ja mit seiner kleinen Handlung nichts bewirken kann. Sei es der Zweitwagen oder nun der noch unbedingt notwendige Shopping-Ausflug über die französische Grenze, da bei uns ja die Geschäfte inzwischen nicht mehr öffnen dürfen. Meine kleine Shopping-Tour wird ja wohl nicht ausschlaggebend dafür sein, ob wir gut durch den Winter kommen.

Es ist eine Frage von Verantwortung, und davon, wer bereit ist sie zu übernehmen. All diese Eindrücke – seien es die kleinteiligen Maßnahmen, die ungleiche Belastung der Bevölkerung durch Maßnahmen, die schlechte Kommunikation – prägen das Verhalten der Menschen in der Pandemie und ihren Hang dazu, die Lösung der Probleme lieber den anderen zu überlassen. Von pandemiemüde ist oft die Rede, aber eigentlich ist es eine Ermüdung von dem Informations-Chaos, das die Politik seit Monaten anrichtet.

Noch ist es aber vielleicht nicht zu spät, sich angesichts der anstehenden Festtage zu besinnen. Jeder von uns kann durch Verzicht einen Beitrag dazu leistet, dass die Pandemie nicht nach den Feiertagen und dem Lockdown schlimmer wütet, als zuvor. Möglicherweise gelingt uns jetzt in der Weihnachtszeit gemeinsam ein Projekt der Solidarität, welches uns die Möglichkeit eröffnet, der Situation Herr zu werden, so dass wir nach dem 10. Januar vielleicht doch Schritt für Schritt in die Normalität zurückfinden. Vielleicht gelingt es uns allen über die Festtage mal ein bisschen weniger Covidiot zu sein.

Bildquelle: Statista / Bundesregierung

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