Berlin - Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin wirft Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor, die Hausärzte in der Corona-Pandemie unnötig unter Druck zu setzen. "Einem Politiker muss klar sein: Wenn ich sage, `die Priorisierung ist aufgehoben`, erzeuge ich damit einen riesigen Run", sagte Degam-Präsident Martin Scherer dem "Spiegel".

Am Montag hatte der Minister angekündigt, dass die Impfreihenfolge am 7. Juni aufgehoben werden solle. "Durch solche Ankündigungen werden Erwartungen geweckt, die nicht immer einzuhalten sind", so Scherer. Das mache den Hausärzten das Leben schwer. "Der Druck auf die Praxen wird dadurch unnötig erhöht. Das ist wirklich ärgerlich."

Als ein weiteres Beispiel nannte Scherer den Vorschlag des Ministers, man könne bei Astrazeneca das Impfintervall von zwölf auf vier Wochen verkürzen - obwohl Studien zeigen, dass dadurch die Wirksamkeit der Impfung abgeschwächt wird. "Bei aller politischen Expertise handelt es sich hierbei letztlich um Äußerungen mit medizinischer Tragweite, die Bedürfnisse oder auch Ängste triggern und außer Acht lassen, wie in Hausarztpraxen gearbeitet wird." Aus solchen Ankündigungen ergäben sich laut Scherer für die Praxen mehrere Probleme: "Die Hausärzte wollen und müssen zuerst die Vulnerablen impfen. Die Hälfte der Menschen mit chronischen Krankheiten ist noch nicht geimpft, ebenso viele der über 60-Jährigen. Doch nun drängen zunehmend junge Leute in die Praxen. Die Telefonleitungen sind verstopft. Da kann es passieren, dass Menschen mit chronischen Krankheiten ihr Rezept nicht kriegen. Solche Ankündigungen sind Zeitfresser für die Praxen."

Foto: Impfzentrum (über dts Nachrichtenagentur)

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