Versailles - Vor dem EU-Sondergipfel in Versailles hat die estnische Premierministerin Kaja Kallas die anderen Staats- und Regierungschefs aufgefordert, der Ukraine eine klare Perspektive für einen EU-Beitritt zu geben. "In meinen Augen ist es sogar unsere moralische Pflicht, diesen Menschen ihren europäischen Traum möglich zu machen", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung".

Die Ukrainer kämpften nicht nur für die Ukraine, sondern "im wahrsten Sinne des Wortes für Europa". Ein solcher Schritt gebe nicht nur den Ukrainern, die gerade ihr Land verteidigen, Hoffnung, er wäre auch im Interesse der EU. "Auch wir würden davon profitieren, wenn die Ukraine ein wohlhabendes Land mit unabhängiger Justiz ist", sagte Kallas. Über den Antrag auf eine EU-Mitgliedschaft, den der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Ende Februar gestellt hatte, wollen die Staats- und Regierungschefs bei ihrem zweitägigen Treffen sprechen. Im aktuellsten Entwurf der Gipfelerklärung wird aber lediglich erwähnt, dass die Mitgliedstaaten die EU-Kommission um eine Einschätzung gebeten haben.

Außerdem wird gesagt, dass die Ukraine "zur europäischen Familie" gehöre und man die Partnerschaft vertiefen wolle. Neben Dänemark und den Niederlanden stehen laut EU-Diplomaten besonders Deutschland und Frankreich in dieser Angelegenheit auf der Bremse. Kallas rechnet nicht damit, dass in Versailles über ein EU-weites Embargo für russisches Gas und Öl entschieden wird. Ein solcher Schritt führe zu höheren Kosten für Benzin und Energie, welche die Bürger in der EU belasten würden.

Deshalb müsse man dies genau überlegen und vorbereiten. "Wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen in Europa einen solchen Schritt und seine Folgen mittragen würden", sagte die Regierungschefin. In der Debatte um die Sanktionen gebe es allerdings keine Tabus. Sie lobte die Ankündigung der Bundesregierung, künftig mehr als zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung zu investieren.

"Ganz Europa dankt Deutschland dafür", sagte Kallas. "Wenn wir in der EU früher über Sicherheitsfragen debattiert haben, hatte ich den Eindruck, dass dies für einige Länder eine nette, intellektuelle Diskussion war. Für uns Balten war es immer eine existenzielle Frage."

Foto: Ukrainische Flagge auf dem Parlament in Kiew (über dts Nachrichtenagentur)

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