Brüssel - Der Co-Vorsitzende des EU-Lenkungsausschusses für die Corona-Impfstoffbestellungen weist Kritik zurück, dass die EU zu zögerlich mit den Herstellern verhandelt habe: "Diese Kritik stammt von Leuten, die diesen Prozess nicht kennen und ihn nicht genau verfolgt haben", sagte Clemens Martin Auer der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstagsausgabe). Auer ist Corona-Sonderbeauftragter im österreichischen Gesundheitsministerium und einer von zwei Vorsitzenden des Lenkungsausschusses, in dem die 27 Mitgliedstaaten die gemeinsame Corona-Impfstoffbeschaffung der EU-Kommission steuern und überwachen.

"Ich kann bei bestem Wissen und Gewissen nicht feststellen, dass wir langsam verhandelt haben", sagte Auer der Zeitung. "Sofort nachdem die gemeinsame Beschaffung beschlossen worden war, haben wir im Juni festgelegt, mit wem wir verhandeln wollen, und mit den Firmen die Gespräche begonnen." Auer klagte über zu hohe Erwartungen, was das Tempo der Impfkampagnen angeht: "Wir wussten immer, dass am Anfang die Impfdosen knapp sein werden." Das ergebe sich schon aus den zugesagten Mengen in den Verträgen.

"Aber in der Öffentlichkeit sind leider Erwartungen geweckt worden, die zumindest jetzt, im ersten Quartal, nicht erfüllbar sind." Ein Grund für die überzogenen Erwartungen sei der Trubel um den gemeinsamen Impfstart in den EU-Staaten Ende Dezember gewesen, sagte er: "Ob es wirklich so klug war, am 27. Dezember zu sagen: `Hurra, hurra, wir beginnen zu impfen`, wo doch jedes Land nur 9.750 Impfdosen als Erstlieferung bekommen hatte, kann man im Nachhinein in Frage stellen." In Deutschland habe auch der Aufbau dieser "Mega-Impfzentren" zu den hohen Erwartungen beigetragen, sagte er: "Jetzt flimmern jeden Abend in Deutschland in den Fernseh-Nachrichten Bilder von leeren Mega-Impfzentren." Auer äußerte Zweifel, ob der Hersteller Astra Zeneca wirklich in der Lage sein werde, im ersten Quartal 40 Millionen Corona-Impfdosen zu liefern.

Zugesagt waren 80 Millionen, dann warnte der Konzern, wegen Problemen in einem Werk in Belgien nur 31 Millionen liefern zu können. Zuletzt erhöhte die Firma die Prognose aber um neun Millionen auf 40 Millionen Dosen. Zur Herkunft der zusätzlichen neun Millionen Dosen sagte Auer: "Das belgische Werk allein wird diese Mengen nicht schaffen. Wenn die neun Millionen Dosen extra wirklich kommen - und da bin ich mir nicht sicher, - dann bestimmt nicht aus Belgien. Aber die produzieren ja genug sonst wo auf der Welt."

Foto: Impfzentrum (über dts Nachrichtenagentur)

Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?

Dann unterstütze dts Nachrichtenagentur jetzt direkt: