Frankfurt/Main - Der frühere EZB-Chefvolkswirt Peter Praet mahnt Regierungen und Märkte, sich rechtzeitig auf steigende Zinsen einzustellen. "Ich glaube, der Ausstieg wird extrem schwierig", sagte er dem "Handelsblatt" (Dienstagausgabe).
Dies könne sich zum Beispiel im Jahr 2023 zeigen. Laut Praet, der von 2012 bis 2019 EZB-Chefvolkswirt war, ist es daher wichtig, sich früh genug vorzubereiten. Es sei nicht einfach, die Zinsen in einem Umfeld mit hoher Verschuldung zu erhöhen, "wenn jeder erwartet, dass die Zinsen für immer niedrig bleiben". In der Corona-Pandemie hatte die EZB die Märkte stark gestützt.
Erst im Dezember weitete sie ihre Anleihekäufe über das Notprogramm PEPP auf 1,85 Billionen Euro aus. Praet fürchtet, dass es zu Übertreibungen an den Märkten kommt. Ein Hindernis für spätere Zinserhöhungen könnte aus seiner Sicht außerdem sein, dass höhere Zinsen eventuell zu Verlusten bei den Notenbanken führen. Durch die aktuellen Kaufprogramme halten die Notenbanken im Euro-Raum hohe Anleihebestände.
Würden die Zinsen steigen, sinken die Kurse der Anleihen im Bestand. "Wenn eine Notenbank Verluste macht, schlägt das den Verantwortlichen aufs Gemüt, und es stellt ihre Glaubwürdigkeit infrage." Der frühere EZB-Chefvolkswirt hält den geldpolitischen Kurs der EZB dennoch für richtig. Überrascht zeigte er sich aber darüber, dass die Notenbank in ihren Prognosen von Dezember bis 2023 eine Inflation von nur 1,4 Prozent vorhersagt.
"Eigentlich hätte man dann noch stärkere Maßnahmen erwartet, statt sich mit so niedriger Inflation zufrieden zu geben", sagte Praet. "Ich wäre nicht unbedingt für stärkere Maßnahmen gewesen, aber so etwas muss besser erklärt werden."
Foto: EZB (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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