Berlin - Der ehemalige Bundesverfassungsrichter und derzeitige Kurator des Centrums für Europäische Politik (cep), Udo Di Fabio, warnt davor, Geheimdiensten mit dem neuen Verfassungsschutzgesetz zu viele Befugnisse an die Hand zu geben. "Wenn aktiv verfassungsfeindliche Kräfte irgendwo einsickern und sich dabei auch manche Ahnungslosigkeit von Aktivisten oder "Querdenkern" zunutze machen, kann es schon der nachrichtendienstlichen Aufklärung bedürfen. Zu viel Eifer kann aber schaden", sagte Di Fabio den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Dienstagausgaben).
"Immerhin reden wir davon, dass Menschen abgehört und ausgeforscht werden können, ohne davon etwas zu wissen." Di Fabio warnte davor, dass "politisch lediglich irrlichternde Menschen" durch eine solche Überwachung erst "in die Fänge der Feinde einer offenen Gesellschaft" gelangen könnten. Deshalb müsse man die gesetzlichen Grundlagen für Nachrichtendienste restriktiv halten, sagte der cep-Kurator. Zwar zeige die westliche Demokratie Krisensymptome, allerdings könne man die Demokratie auch mit zu vielen Demokratieschutzgesetzen gefährden. Kritisch äußerte sich Di Fabio auch zur Refinanzierung des EU-Wiederaufbaufonds. Würde sich das Instrument der Gemeinschaftsverschuldung verstetigen, würde dies zu "tiefgreifenderen verfassungsrechtlichen Problemen" führen, sagte Di Fabio. "Eine echte Transferunion würde den Charakter der EU grundlegend verändern." Der Ex-Verfassungsrichter mahnte, dass bei einer Transferunion "die Wettbewerbskräfte in den Mitgliedstaaten erlahmen" könnte. Udo Di Fabio war von 1999 bis 2011 Richter des Bundesverfassungsgerichts. Seit 2016 ist er Kurator der Freiburger Denkfabrik Centrum für europäische Politik.
Foto: Bundeskriminalamt (BKA) und Bundesamt für Verfassungsschutz (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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