Berlin - Im Jahr 2019 sind in Deutschland 285 Frauen durch Gewalt wie vorsätzliche Tötung, Körperverletzung, Raub, Sexualdelikte, Brandstiftung sowie Abgabe von Betäubungsmitteln durch andere gestorben. Das ergibt sich aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion, über die die Zeitungen des "Redaktionsnetzwerks Deutschland" in ihren Mittwochausgaben berichten.
Aus der Anfrage ergibt sich ferner, dass von den 125 weiblichen Mordopfern 78 mit dem Täter partnerschaftlich verbunden waren und von den 120 weiblichen Opfern eines vollendeten Totschlags sogar 94. "Die bisherigen Erfassungskriterien" sind der Antwort zufolge "für statistische Zwecke ausreichend". So weigert sich das Bundesinnenministerium, den Begriff "Femizid" zu verwenden, weil dieser "nicht klar konturiert" sei und "verschiedene Interpretationsmöglichkeiten" eröffne. "Femizid" ist die Tötung von Frauen oder Mädchen allein aufgrund ihres Geschlechts. Die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, kritisierte diese Weigerung.
"Mord und Totschlag gegen Frauen wird in der überwiegenden Mehrheit der Fälle durch Personen aus dem familiären und partnerschaftlichen Umfeld begangen", sagte sie dem RND. "Damit bleibt der gefährlichste Ort für Frauen weiterhin das eigene Zuhause." Mit ihrer Verweigerungshaltung, beim Thema Gewalt gegen Frauen eine bessere Datengrundlage zu schaffen, signalisiere die Bundesregierung, Gewalt gegen Frauen als Thema der inneren Sicherheit weiterhin nicht ernst zu nehmen. "Wir müssen zum Beispiel endlich erfassen, ob vor den Taten eine Trennung vollzogen wurde - auch, um die Präventionsarbeit zu verbessern. Noch immer wissen wir viel zu wenig über schwere und schwerste Straftaten innerhalb der Familie und Partnerschaft", so die Grünen-Politikerin.
Auf eine einschlägige Frage heißt es in der Antwort: "Es gibt keine diesbezüglichen Planungen der Bundesregierung." Auch die in der Statistik neu eingeführte Kategorie "sexuelle Identität/Geschlecht" werde vermutlich nicht weiterführen, so die innenpolitische Sprecherin der Grünen: "Es ist fragwürdig, ob Ermittlungsbehörden bei dem bestehenden Analysedefizit erkennen, ob eine Frau aufgrund von Frauenhass Opfer geworden ist und die Straftat dementsprechend einordnen." Die Grünen verweisen in dem Zusammenhang auf eine entsprechende Antwort des Bundesinnenministeriums aus dem vorigen Jahr. Seither habe es keine nennenswerten Fortschritte bei der Erfassung von Straftaten gegen Frauen und der Aufklärung ihrer Hintergründe gegeben.
Foto: Demonstrantin gegen Gewalt an Frauen (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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