Berlin - Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz sieht den Sturm auf das US-Kapitol in Washington als mögliches Vorbild für ein ähnliches Vorgehen in Deutschland. "Die Bundesregierung machen wir seit langem auf die Problematik der zunehmenden digitalen Vernetzung von Rechtsextremisten, Verschwörungsideologen und Anhängern der QAnon-Bewegung aufmerksam", sagte von Notz dem "Handelsblatt" (Montagausgabe).

Doch eine "schlüssige Gesamtstrategie", wie gegen diese "neuen Formen der Bedrohung von Demokratie und öffentlichen Diskursen" vorgegangen werden solle, gebe es bis heute nicht. Eine solche Strategie sei aber "nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass sie Szene auch international gut vernetzt ist und die Vorkommnisse in den USA längst als Blaupause für ein vergleichbares Vorgehen auch in Deutschland gehandelt werden, weiterhin dringend nötig". Von Notz warf der Bundesregierung gesetzgeberische Defizite vor. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) zur Bekämpfung von strafbaren Inhalten wie Hasskriminalität im Internet adressiere viele der nun erneut in den Fokus geratenen Plattformen überhaupt nicht.

So greift das NetzDG etwa beim Messenger-Dienst Telegram nicht. Als Grund gab eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums im Mai 2020 an, dass das Gesetz "ganz bewusst auf die für den öffentlichen Meinungsaustausch ganz besonders relevanten großen sozialen Netzwerke" mit einer "Gewinnerzielungsabsicht" abziele. Dabei sieht die rechtsextremistische Szene Telegram als "Alternative zu bekannten Instant-Messaging-Diensten wie beispielsweise WhatsApp oder Threema", wie Bundesregierung im vergangenen Jahr in einer Antwort auf einer Grünen-Anfrage einräumte. Von Notz warnte vor den Folgen: "Die Vernetzung von Rechtsextremisten, von Verschwörungsideologen und Anhängern der QAnon-Bewegung über digitale Kanäle hat längst ein Ausmaß angenommen hat, das zu einer echten Bedrohung für unsere Demokratie geworden ist", sagte er.

"Massenhaft werden in einschlägigen, teils offenen, teils geschlossenen Gruppen, menschenverachtende und volksverhetzende Inhalte geteilt und sich zu Straftaten verabredet." Dies sei sowohl im Vorfeld des Sturms auf den Berliner Reichstag im August 2020, als auch vor der Erstürmung des Kapitols in Washington zu beobachten gewesen. "Bei beiden Ereignisse gab es ausreichend Warnsignale im Vorfeld, denen man jedoch nicht ausreichend Beachtung schenkte."

Foto: Kapitol am 06.01.2021 (über dts Nachrichtenagentur)

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