Berlin - Die Grünen wollen Arbeitnehmer, die sich in der Corona-Pandemie verstärkt um pflegebedürftige Angehörige zu Hause kümmern, künftig noch stärker mit staatlich bezahlten Auszeiten unterstützen. Dazu soll pflegenden Angehörigen ermöglicht werden, "drei Monate bei Lohnersatz freigestellt zu werden, ähnlich wie beim Elterngeld, damit sie ihre Erwerbstätigkeit nicht aufgeben müssen", geht aus einem Strategiepapier hervor, über das die Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Sonntagausgaben) in Auszügen berichten und das der Grünen-Vorstand um die Parteivorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck an diesem Montag verabschieden und vorstellen will.

Zur genauen Höhe der geforderten neuen staatlichen Leistung findet sich in dem Papier nichts, berichten die Funke-Blätter. Beim beispielhaft erwähnten Elterngeld gibt es für Mütter und Väter, die für Betreuung ihres Neugeborenen beruflich aussetzen, im Regelfall als Lohnersatzleistung für zwölf Monate zwischen 300 und 1.800 Euro pro Monat vom Staat. Nach Angaben der Bundesregierung pflegen etwa 2,5 Millionen Berufstätige Angehörige zu Hause. Etwa noch einmal so viele Bürger, davon sehr viele Frauen ohne Arbeit, pflegen eine Freundin, einen Nachbarn, den eigenen Vater oder die Großmutter. "Ohne ihre Arbeit stünde das pflegerische System in Deutschland vor dem Zusammenbruch", warnen die Grünen. In der Coronakrise seien gerade Frauen als pflegende Angehörige besonders unter Druck geraten, weil Betreuungsangebote weggefallen seien oder Pflegefälle aus Angst vor Ansteckung zu Hause versorgt würden. Gleichzeitig wollen die Grünen ambulante Pflege- und Wohnformen stark ausbauen. Dafür sollen Kommunen über ein Bundesprogramm die nötige Anschubfinanzierung erhalten. Aus Sicht der Grünen sind in der Pflege bessere Arbeitsbedingungen und die Einführung der 35-Stunden-Woche überfällig. Auch sollte es für Beschäftigte nicht nur Applaus, sondern mehr Geld geben: "Wertschätzung braucht angemessene Löhne – in der Altenpflege am besten über einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag", schreiben Baerbock und Habeck. Wenn dieser nicht zustande komme, "wollen wir die soziale Pflegeversicherung verpflichten, nur noch mit Anbietern zusammenzuarbeiten, die nach Tarif bezahlen". Familienministerin Franziska Giffey (SPD) war bei der Pflege im Mai bereits aktiv geworden: Wer coronabedingt Angehörige pflegt oder die Pflege neu organisieren muss, kann jetzt bis zu 20 Arbeitstage und damit doppelt so lange wie bisher in Akutfällen zu Hause jemanden pflegen. Dafür wird ein Pflegeunterstützungsgeld gezahlt, das bis zu 90 Prozent des ausgefallenen Nettolohns beträgt. Zudem können pflegende Angehörige eine Freistellung von sechs Monaten (Pflegezeit) beziehungsweise 24 Monaten (Familienpflegezeit) in Anspruch nehmen.

Foto: Seniorin im Rollstuhl (über dts Nachrichtenagentur)

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