Stuttgart - Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) spricht sich für eine Komplettabschaffung des Solidaritätszuschlags aus. "Entweder nimmt die Politik die Unsicherheit eines Bundesverfassungsgerichtsurteils in Kauf, oder sie macht sich jetzt schon Gedanken, wie sie zumindest einen Teil der bisherigen Einnahmen retten kann", sagte er der "Welt" (Donnerstagsausgabe).

Aus seiner Sicht wäre es "naiv", sich nicht darauf vorzubereiten, dass das Bundesverfassungsgericht den verbliebenen Soli für die oberen zehn Prozent der Einkommensbezieher als verfassungswidrig erklärt. Bayaz befürwortet, den Zuschlag in den Einkommensteuertarif in Form eines höheren Spitzensteuersatzes zu integrieren und gleichzeitig am unteren Ende den Grundfreibetrag zu erhöhen. "Im Ergebnis würden kleine und mittlere Einkommen entlastet, für hohe Einkommen entfiele der Solidaritätszuschlag, dafür wären etwas mehr Steuern fällig", sagte er. Eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes von 42 Prozent auf 45 Prozent hält Bayaz auch vor dem Hintergrund der zusätzlichen Corona-Schulden für vertretbar.

"Das würde vor allem jene Angestellten treffen, die in der Corona-Zeit oft schnell ins Homeoffice wechseln konnten und von der Krise nicht allzu hart betroffen waren", sagte er der "Welt". Er als Minister würde bei einer Erhöhung etwa 2.000 Euro mehr Steuern im Jahr zahlen. "Ein solcher Betrag überfordert niemanden in meiner Gehaltsklasse, sorgt aber für mehr Gerechtigkeit in der Gesellschaft", sagte Bayaz. Eine grundsätzliche Erhöhung der Steuern schloss er allerdings aus.

"In der Krise kann es keine Steuererhöhung auf breiter Front geben, das ist klar", sagte der Grünen-Politiker. Auch die Grünen wollten, dass die Wirtschaft schnell wieder in Schwung komme. Auf der anderen Seite hält angesichts der klammen Kassen aber auch Steuersenkungen, gerade im Unternehmensbereich, für unrealistisch. "Effektiver wären bessere Abschreibungsbedingungen und ein großzügigerer Umgang mit Verlustrückträgen und die steuerliche Förderung von Gewinnen, die direkt wieder investiert werden", sagte er.

Bei dem Punkt sehe er keinen Widerspruch zwischen FDP und Grünen. Kritisch äußerte sich Bayaz zu einer Wiedereinführung einer Vermögensteuer, wie die Grünen sie in ihrem Programm für die Bundestagswahl gefordert hatten. "Der Erhebungsaufwand für die Finanzbeamten vor Ort wäre bei einer Vermögensteuer enorm, die Höhe der möglichen Einnahmen unsicher", so der Finanzminister. Er sei stattdessen ein Freund einer Erbschaftsteuerreform.

Er sprach sich für "einen niedrigeren, aber einheitlichen Steuersatz" auf alle Erbschaften, eine sogenannte Flat-Tax aus. "Weniger Ausnahmen bedeuten unter dem Strich höhere Einnahmen für den Staat", sagte Bayaz. Derzeit könne es wegen zahlreicher Ausnahmetatbestände passieren, dass derjenige, der viel erbe, weniger Steuern zahle als derjenige, der wenig erbe. Auf die Frage, wo er sparen würde, nannte Bayaz staatliche Subventionen in umweltschädlichen Bereichen.

Dazu gehöre das Dieselprivileg. "Zudem würde ich die unsinnige Kohleförderung lieber heute als morgen streichen", sagte er. Dadurch werde der Strukturwandel unnötig verlangsamt, obwohl Deutschland aus der Kohle aussteige. Auch bei den Steuerzuschüssen für die Rentenkasse brauche es ein Umdenken.

Hier habe die Bundesregierung in den vergangenen Jahren "viel Geld für Klientelpolitik ausgegeben, für die Rente mit 63 und die Mütterrente".

Foto: Einkommensteuer (über dts Nachrichtenagentur)

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