Berlin - Die Hausärzte haben das Beratungsergebnis von Bund und Ländern zur Corona-Bekämpfung scharf kritisiert. "Die gesamte Diskussion der letzten Tage zwischen Bund und Ländern war chaotisch", sagte Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes, der "Rheinischen Post" (Freitagausgabe).

Auch nach dieser MPK bleibe weiterhin vollkommen unklar, nach welchen Kriterien die Politik die aktuelle Corona-Lage bewertet. "Das ist Pandemie-Bekämpfung nach tagesaktuellem Bauchgefühl", so Weigeldt. Beim Hin und Her der letzten Tage seien Maßnahmen diskutiert worden, ohne zu sagen, welche Parameter dabei maßgeblich seien, kritisierte der Mediziner. "Am Anfang war einmal die Entlastung der Intensivstationen das zentrale Ziel. Hier droht aktuell offensichtlich keine akute Gefahr. Dann war es die Situation auf der Normalstation. Jetzt, auf einmal, scheint die Inzidenz wieder eine entscheidende Größe zu sein. Das ist nicht nachvollziehbar", sagte er.

"Maßnahmen zu diskutieren und zu beschließen, ohne dass klar ist, was damit konkret erreicht werden soll, ergibt wenig Sinn. Man kann nicht nach Lust und Laune mal die eine Zahl und dann wieder die andere zur zentralen Bezugsgröße machen." Deutschland befinde sich nach wie vor im "Daten-Blindflug", kritisierte der Hausarzt. "Wir haben weder einen realistischen Überblick, wie viele Menschen sich infizieren, noch wissen wir, wie viele Menschen in den Krankenhäusern wegen einer Corona-Infektion hospitalisiert wurden und bei wie vielen es sich um einen Nebenbefund handelt. Das muss in Zukunft bei der Meldung aus den Krankenhäusern unbedingt klar unterschieden werden."

Ansonsten sei diese Zahl nicht zu gebrauchen. Die größte Gefahr in den Praxen sei derzeit, dass sehr viele Mitarbeitende aufgrund einer Infektion kurzfristig ausfielen, sagte Weigeldt. "Hier würde eine Entlastung der Praxen, insbesondere durch massiven Bürokratieabbau, am meisten helfen."

Foto: Frau mit Mundschutz (über dts Nachrichtenagentur)

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