Die Gefahr, die von Heilpraktikern ausgeht, wird selten ernst genommen und ist meines Erachtens aber ganz erheblich. Sie bezieht sich nicht in ernster Linie auf die alternativen Behandlungsmethoden, die diese Laien Behandler, d.h. Therapeuten ohne geregelte medizinische Ausbildung, einsetzen[1] Denn Bach Blüten, Homöopathika, Schuessler Salze, etc. sind eher harmlos[2]. Die Gefahr bezieht sich vor allem darauf, dass viele Heilpraktiker felsenfest davon überzeugt sind, mit unwirksamen Methoden selbst ernste Erkrankungen behandeln zu können. Das bedeutet dann meist, dass das Leiden der Betroffenen verlängert wird; bei lebensbedrohlichen Erkrankungen kann es sogar den verfrühten Tod des so betrogenen Patienten verursachen.
Ein Beispiel macht das vielleicht etwas klarer. Lassen Sie mich einige Passagen aus der Web-Seite eines deutschen Heilpraktikers[3] (in den grauen Boxen) zitieren und meine Kommentare dazu hinzufügen:
In den Köpfen der meisten Menschen bedeutet eine Krebsdiagnose auch heute noch ein Todesurteil und geht oft einher mit einem psychischen Schock und/oder Gefühlen von Angst, Machtlosigkeit und Verzweiflung. Auf den ersten Blick scheint diese Reaktion berechtigt zu sein, da die schulmedizinischen Therapien keinen lebensverlängernden Effekt haben (im Gegenteil). Einer australischen Studie zufolge beträgt die 5 Jahres Überlebensrate von Krebspatienten, die sich einer Chemotherapie unterziehen im Durchschnitt gerade mal 2,2% (untersucht wurden 227935 Fälle innerhalb 20 Jahre in Australien und den USA).
Die Aussage, dass konventionelle Therapien keinen lebensverlängernden Effekt haben, ist unhaltbar. Da der Autor seine Australische Studie nicht ordentlich zitiert, kann ich sie nicht finden. Fest steht jedoch, dass Medline (die größte Datenbank medizinischer Publikationen) nicht nur eine, sondern über 600 000 Arbeiten zum Thema ‚Überlebensrate von Krebspatienten' auflistet. Sie führen im Detail aus, dass sich (je nach Krebsart und Stadium) die Überlebenschancen durch die moderne onkologische Therapie ganz erheblich verbessert haben.
Wagt man hingegen einen Blick über den Tellerrand jenseits selbst gesteckter schulmedizinischer Grenzen, stellt man schnell fest, dass es trotz der stetig wachsenden Zahl an Krebserkrankungen keinen Grund zur Panik gibt, da es bereits seit einiger Zeit eine stille Revolution in der Krebs Medizin gegeben hat, denn heute weiß man (oder besser sollte man wissen):
Der Autor scheint Hahnemanns Schimpfwort ‚Schulmedizin' zu lieben. Er irrt sich allerdings, wenn er behautet, dass die Zahl der Krebserkrankungen stetig steigt. Auch hierbei kommt es sehr darauf an, von welcher Art Krebs wir sprechen. Hier z.B. ist die Schlussfolgerung von nur einer der zahlreichen Analysen zu diesem Thema: „Bei Hirntumoren, Lungenkrebs, akuter myeloischer Leukämie sowie Dickdarm- und Enddarmkrebs sind Überlebensfortschritte zu verzeichnen. Die Inzidenz von Dickdarm- und Enddarmkrebs ist jedoch weiterhin hoch."[4] Ferner würde ich meinen, dass eine ‚stille Revolution' in der Onkologie wohl eher unwahrscheinlich ist. Es handelt sich um einen Bereich der Medizin, in dem mit Recht jeder Fortschritt auch in der Laienpresse lautstark gefeiert wird.
Es ist möglich Tumorzellen wieder in den Zustand einer gesunden Zelle zurückzuführen (Dr. Thalberg hat dies wissenschaftlich nachgewiesen und die Studie wurde 2003 in der deutschen Zeitschrift für Onkologie veröffentlicht), oder durch Wiederherstellung der Immunantwort den Körper in die Lage zu versetzen, den Tumor aufzulösen, so dass es möglich ist das Krebsgeschehen binnen weniger Monate zu heilen.
Die Arbeit von Thalberg ist in Medline nicht auffindbar. Das liegt vielleicht daran, dass die ‚Deutsche Zeitschrift für Onkologie' ein Journal für ‚komplementäre und integrative Ansätze für die Praxis' ist, das seriöse Krebsforscher nicht einmal mit der Kneifzange anfassen würden[5]. Von dieser Zeitschrift einen echten Durchbruch zu erwarten, zeugt von einer grenzenlosen Naivität.
Auf diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht meine biologische Krebstherapie, die darauf abzielt sowohl die Mitochondrienfunktion, als auch die Immunbalance (TH1-TH2) wieder herzustellen und den Körper zu entgiften. Dabei bediene ich mich z.B. der Mykotherapie (Heilpilze), als auch orthomolekularen Präparaten mit Inhaltsstoffen wie z.B. Glutathion, Curcumin, OPC, Humulon, Chlorophyll, Alginsäure, Salvestrole, Sulforaphan u.v.a. (die für den jeweiligen Fall am stimmigsten biologische Therapie wird im Gespräch ermittelt, bzw. radioästhetisch oder kinesiologisch ausgetestet)...
Der Autor behauptet hier, dass durch Heilpilze und orthomolekulare Medizin Krebs geheilt werden kann. Ich habe mir vor kurzem die Evidenz hierzu genau evaluiert und kann versichern, dass diese Aussage schlichtweg falsch ist[6]. Um genau zu sein, es gibt keine einzige alternative Therapie, die irgendeinen Krebs heilen könnte[7]. Der Autor übertrifft selbst diesen Unsinn indem er darauf hinweist, dass er die optimale Behandlung durch Pendeln ermittelt. Ich denke, dass man sich klarer wohl kaum disqualifizieren kann.
Man könnte nun meinen, das von mir gewählte Beispiel sei ein Extremfall. Ich würde das jedoch bestreiten. Klar, wenn es um Krebs geht, dann ist der Einsatz zwangsläufig hoch. Bei vielen anderen Erkrankungen kann der Heilpraktiker nicht so viel Schaden anrichten. Unsinn verzapfen tun Heilpraktiker jedoch fast immer, auch wenn es sich um weit weniger ernste Leiden handelt. Wie könnte es auch anders sein? Die Heilkunde ist nun einmal ein komplexes Gebiet, und wenn jemand nicht ordentlich ausgebildet wurde, dann ist Unsinn unausweichlich.
Ich beforsche dieses Thema nun schon sei Jahrzehnten[8], und vieles, was mir da so unterkommt, entbehrt nicht einer gewissen Komik. Auch der obige Text wäre als Parodie vorzüglich geeignet. Jedes Mal jedoch, wenn ich in Versuchung bin, lauthals los zu lachen, erinnere ich mich daran, dass heilpraktischer Mumpitz Menschenleben gefährdet ... und dann hat's sich bei mir sehr rasch mit dem Lachen.
Heilung oder Humbug?: 150 alternativmedizinische Verfahren von Akupunktur bis Yoga - Ernst, Edzard - Amazon.de: Bücher ↩︎
Behandlungsmethoden - Heilpraktiker Patrick Kessler (naturheilpraxis-lightshape.de) ↩︎
Lewis DR, Siembida EJ, Seibel NL, Smith AW, Mariotto AB. Survival outcomes for cancer types with the highest death rates for adolescents and young adults, 1975-2016. Cancer. 2021 Nov 15;127(22):4277-4286. doi: 10.1002/cncr.33793. Epub 2021 Jul 26. PMID: 34308557. ↩︎
Über die Deutsche Zeitschrift für Onkologie - Haug Verlag (thieme.de) ↩︎
So-Called Alternative Medicine (SCAM) for Cancer: Amazon.co.uk: Ernst, Edzard: 9783030741570: Books ↩︎
Critical thoughts on alternative therapies for cancer patients (edzardernst.com) ↩︎
Ernst E. 'Neue Deutsche Heilkunde': complementary/alternative medicine in the Third Reich. Complement Ther Med. 2001 Mar;9(1):49-51. doi: 10.1054/ctim.2000.0416. PMID: 11264971. ↩︎
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