Wiesbaden - Die Coronakrise hat zu einem bislang einzigartigen Rückgang der Zahl neuer Ausbildungsverträge geführt. Insgesamt schlossen im Jahr 2020 nur 465.700 Personen in Deutschland einen Vertrag in der dualen Berufsausbildung ab, teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) am Mittwoch mit.

Das waren 47.600 oder 9,3 Prozent weniger als im Jahr 2019. Der größte prozentuale Rückgang seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 1977 zeigt damit einen deutlichen Effekt der Coronakrise auf den Ausbildungsmarkt. "Die Zahl der Neuverträge befindet sich auf einem historischen Tiefstand", sagte Rotraud Kellers aus dem für die Berufsbildungsstatistik zuständigen Referat im Statistischen Bundesamt. Noch nie seit Beginn der Statistik vor über 40 Jahren habe es in einem Jahr weniger als 500.000 neue Azubis gegeben.

"Besonders deutlich gingen die Neuabschlüsse im Gast- und Verkehrsgewerbe zurück, also in sehr stark von den Corona-Maßnahmen betroffenen Branchen." Aber es habe auch positive Entwicklungen im handwerklichen Bereich gegeben. Im Ausbildungsbereich Industrie und Handel, zu dem auch das Gast- und Verkehrsgewerbe gehört, sank die Zahl der Neuabschlüsse im Jahr 2020 am stärksten (-36.000, -11,9 Prozent). Besonders betroffen waren Branchen, die von den Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie äußerst stark belastet wurden: Die größten Rückgänge gab es bei den Berufen Hotelfachmann (-2.530, -31,0 Prozent), Koch (-1.540, -19,8 Prozent) und Tourismuskaufmann (-990, -61,1 Prozent).

Im Ausbildungsbereich Handwerk fiel der Rückgang deutlich geringer aus (-9.000, -6,5 Prozent). Hier verzeichnete der Beruf Friseur den stärksten Rückgang (-1.700, -18,6 Prozent), während die Berufe Dachdecker (+130, +3,9 Prozent), Zimmerer/-in (+470, +11,7 Prozent) und Zweiradmechatroniker (+90, +13,1 Prozent) sogar leicht zulegen konnten. Rückgänge gab es auch in den Bereichen Freie Berufe (-2.500, -5,6 Prozent) und Öffentlicher Dienst (-490, -3,3 Prozent). Lediglich im Bereich Landwirtschaft gab es insgesamt einen leichten Zuwachs (+450, +3,5 Prozent).

Bei allen Neuabschlüssen lag auch im Corona-Jahr 2020 wieder der Beruf Kaufmann im Einzelhandel mit 24.890 Verträgen knapp vor dem Beruf Kaufmann für Büromanagement (22.940). Es folgten die Berufe Verkäufer (21.280), Kraftfahrzeugmechatroniker (19 430), sowie Medizinischer Fachangestellter (15.750). Gut ein Fünftel (22 Prozent) aller neuen Ausbildungsverträge entfielen auf diese fünf Berufe, die bereits seit vielen Jahren in der Spitzengruppe der am stärksten besetzten Ausbildungsberufe sind. Die Neuabschlüsse verteilten sich auf 296.700 Männer (-9,0 Prozent) und 168.700 Frauen (-10,0 Prozent).

Der Anteil der von Frauen abgeschlossenen Verträge lag damit bei 36,2 Prozent. Damit setzte sich der seit über zehn Jahren anhaltende Trend fort, dass Frauen immer seltener eine duale Ausbildung ergreifen. Im Jahr 2010 hatte der Frauenanteil noch bei 41,8 Prozent gelegen. Die coronabedingten Effekte auf dem Ausbildungsmarkt 2020 zeigten sich bei Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit besonders deutlich, so die Statistiker.

Insgesamt schlossen im vergangenen Jahr 52.100 Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit einen Neuvertrag ab, das waren 12,6 Prozent weniger als im Vorjahr. Der Rückgang war fast ausschließlich auf neu abgeschlossene Ausbildungsverträge von ausländischen Männern zurückzuführen (33.400 Verträge, -18,0 Prozent), während die Neuabschlüsse von ausländischen Frauen weit unterdurchschnittlich zurückgingen (18.700 Verträge, -1,1 Prozent).

Foto: Graffiti-Entfernung (über dts Nachrichtenagentur)

Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?

Dann unterstütze dts Nachrichtenagentur jetzt direkt: