Berlin - Die UEFA darf Spieler, die für ihre Clubs in einer "Super League" aktiv wären, laut Juristen nicht von der EM ausschließen. "Die Spieler aussperren zu wollen, ist angesichts der Rechtslage eine leere Drohung der UEFA", sagte der Düsseldorfer Sportjurist Paul Lambertz "Zeit-Online".

Im Streit um die von zwölf europäischen Clubs angestrebte neue Liga hatte der europäische Fußballverband angekündigt, dort aktiven Spieler zu untersagen, an anderen Wettbewerben teilzunehmen. Ein Verbot könne laut Lambertz sogar zu Schadensersatzansprüchen führen. "Spieler würden damit in ihrer unternehmerischen Freiheit eingeschränkt werden, ihnen stünde ein Schadensersatzanspruch gegen die UEFA zu, sollten sie aufgrund ihres Einsatzes in der `Super League` nicht mehr in der Nationalmannschaft aufgestellt werden dürfen", sagte Lambertz. Auch der Münchner Kartellrechtler Mark E. Orth sagte: "Im Sport ist Wettbewerb das strukturierende Prinzip. Das muss auch für die Sportorganisation gelten."

Fehlender Wettbewerb führe zu Ineffizienz, verhindere Qualität. Zudem sei es unzulässig für einen Monopolisten wie die UEFA, jede Form von Wettbewerb auszuschließen. Deshalb dürfe die UEFA nicht die Entstehung von anderen Wettbewerben außerhalb der UEFA verhindern, sagte Orth "Zeit-Online".

Die UEFA sei ein Monopolist: "Sie ist marktbeherrschend bei der Organisation von Fußballwettbewerben." Wenn sie nun Spieler und Vereine, die an der neuen "Super League" teilnehmen, aussperren will, "schützt sie nur ihr Monopol vor neuem Wettbewerb, ohne dass sie selbst in Form von Leistungswettbewerb das Produkt verbessert". Spieler und Vereine seien bisher an diesen Wettbewerb gebunden. Durch ihre Exklusivitätsklauseln mit Spielern und Clubs würde die UEFA jede Form von Wettbewerb verhindern.

"Wenn das kein kartellrechtlicher Missbrauch ist, dann macht Kartellrecht keinen Sinn mehr", so Orth. Als Beleg dienen den Sportjuristen jüngste Fälle aus der Rechtsprechung, die die Positionen von Sportlern und Clubs den Verbänden gegenüber erheblich und wegweisend verbessert hätten, "weil sie die akademisch bekannten Kartellrechtsthemen in die Rechtswirklichkeit überführt haben", sagte Orth. Etwa ein Fall aus dem Eisschnelllauf. Im vergangenen Dezember urteilte das Gericht der Europäischen Union im Sinne der Sportler gegen den Weltverband ISU. "Dieser ISU-Fall ist viel größer als das Bosman-Urteil", sagte der Kartellrechtsexperte Orth.

Mit dem Bosman-Urteil wurde 1995 Profifußballern Freizügigkeit bei der Vereinswahl vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) zugestanden und die Grundlage für das heutige Transfersystem des Sports gelegt. Deshalb erwartet Orth, dass nun auch die EU-Kommission bei der "Super League" tätig wird: "Sie müsste doch jetzt europäisches Kartellrecht anwenden, Wettbewerb schaffen, die Märkte offen halten." Das seien Erfolgsprinzipien der EU, Kartellrecht eines der entscheidenden Merkmale des EU-Rechtssystems. "Unterstützt die Kommission die UEFA, trägt sie dazu bei, dass Wettbewerb verhindert wird."

Die neue "Super League" soll als Liga mit 20 europäischen Teams ausgetragen werden. 15 von ihnen sollen immer dabei sein, fünf über einen noch nicht näher definierten Modus abwechselnd dazukommen. Deutsche Teams sind bislang nicht dabei.

Foto: Linienrichter beim Fußball mit Fahne (über dts Nachrichtenagentur)

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