Berlin - Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) teilt die Bedenken von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gegen ein von Bundestag und Bundesrat beschlossenes Gesetz zur Wiederaufnahme von Strafverfahren bei Kapitalverbrechen wie etwa Mord. Das sagte eine Ministeriumssprecherin dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland".
Bei dem Gesetz handele es sich nicht um ein Vorhaben des Bundesjustizministeriums, sondern um einen Entwurf der damaligen Koalitionsfraktionen, fügte sie hinzu. "Das Bundesjustizministerium hat bereits in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass die Erweiterung der Wiederaufnahmemöglichkeiten zuungunsten von rechtskräftig freigesprochenen Personen schwierige verfassungsrechtliche Fragen aufwirft." In der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP wird nach Informationen des RND erwogen, das Gesetz durch eine Klage vom Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen. Das wäre lediglich für die SPD schwierig, weil sie es mit vorangetrieben und beschlossen hatte.
Das Bundespräsidialamt hatte am Mittwoch mitgeteilt, dass Steinmeier das Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung (StPO) zwar unterzeichnet habe, zugleich aber anrege, es im Bundestag erneut zu prüfen. Einen entsprechenden Brief richtete er demnach an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD), Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundesratspräsident Bodo Ramelow (Linke). Durch die Reform ist es künftig möglich, Strafprozesse zu schwersten Straftaten wie Mord, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit erneut aufzurollen, auch wenn sie zuvor mit einem Freispruch endeten. Voraussetzung ist, dass es neue Beweismittel gibt und dadurch eine Verurteilung des Freigesprochenen wahrscheinlich ist.
Neue belastende Informationen können etwa durch neue Untersuchungsmethoden und Fortschritte in der digitalen Forensik wie DNA-Spuren zutage treten. Es gebe verfassungsrechtliche Fragen, die in Rechtsprechung und Literatur streitig behandelt würden, schrieb Steinmeier laut Präsidialamt in seinem Brief. Er sehe jedenfalls einige dieser Zweifel nach eingehenden Gesprächen mit Verfassungs- und Strafrechtsexperten bestätigt. So gebe es Bedenken, weil niemand wegen derselben Tat mehrmals bestraft werden dürfe.
Diese Vorgabe des Grundgesetzes schütze nach allgemeiner Auffassung auch vor jeder weiteren Strafverfolgung nach Freispruch oder gerichtlicher Einstellung eines Verfahrens.
Foto: Justizministerium (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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