Berlin/Athen - Den Regierungsparteien fehlt ein gemeinsamer Kurs beim Umgang mit zehntausenden Asylbewerbern, die zuvor schon in Griechenland aufgenommen wurden. Das berichtet die "Welt".
Das zuständige Bundesinnenministerium antwortete nicht auf Anfragen dazu. Bis Ende November hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in diesem Jahr etwa 30.100 Asylanträge von Personen registriert, bei denen es mindestens Hinweise gibt, dass sie zuvor in Griechenland "als schutzberechtigt anerkannt" wurden. Insgesamt lagen Ende November beim BAMF 37.200 solcher Fälle vor. Eine Rücküberstellung in das eigentlich zuständige Griechenland gelingt jedoch nicht, weil deutsche Gerichte das mit Blick auf die schlechte Unterbringung und Versorgung vor Ort untersagen.
Die Flüchtlingsexpertin der Grünen, Luise Amtsberg, sprach sich in der "Welt" dafür aus, dass viele der Asylbewerber in Deutschland bleiben sollen. Amtsberg verwies auf die Rechtsprechung, die Rücküberstellungen nach Griechenland ablehne. Daher könne "eine kurzfristige Lösung nur darin liegen, dass die bis zu einem bestimmten Stichtag eingereisten Schutzsuchenden aus Griechenland in Deutschland anerkannt werden". Mittelfristig sei dies aber keine Lösung, so Amtsberg.
Athen müsse die Bedingungen vor Ort mit finanzieller Unterstützung der EU verbessern. Amtsberg beklagte zudem eine "fehlende europäische Solidarität bei der Aufnahme und Verteilung Geflüchteter in Europa". SPD-Innenexperte Lars Castellucci (SPD) betonte vor allem die Bedeutung der bestehenden europäischen Regeln: "Wer in einem anderen europäischen Land bereits einen Schutzstatus erhalten hat, sollte hier nicht erneut einen Asylantrag stellen", sagte er der "Welt". "Das verstopft nur das System für Menschen in akuter Not."
Man müsse Griechenland aber europäisch "weiterhin Unterstützung zusagen bei Verfahren und für die Umsiedlung in weniger belastete Mitgliedsstaaten". Gleichzeitig müsse man Athen gegenüber auf die Einhaltung von Menschenrechten pochen. Die Migrationsexpertin der FDP-Fraktion, Linda Teuteberg, forderte von der Bundesregierung, den "Druck auf die griechische Regierung deutlich zu erhöhen", damit die Unterbringung vor Ort besser werde und Rücküberstellungen wieder möglich seien. Teuteberg forderte aber auch kurzfristig deutliches Handeln: Solange Rücküberstellungen nicht möglich seien, "muss die visumfreie Weiterreise von in Griechenland anerkannten Flüchtlingen innerhalb des Schengen-Raumes ausgesetzt werden".
Anderenfalls kämen "faktisch alle in Griechenland anerkannten Flüchtlinge früher oder später nach Deutschland". Noch schärfer formulierte es die Opposition: "Das griechische Handeln lässt nur den Schluss zu, dass Griechenland die Menschen gezielt aus dem Land drängt", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union, Thorsten Frei, der "Welt". "Andernfalls würde Griechenland endlich individuelle Zusicherungen für die Rückführung von Sekundärmigranten geben." Mit Blick auf die europäischen Regeln wählte Frei drastische Worte: "Hier wird eine der Säulen zertrümmert, auf denen die gemeinsame europäische Asylpolitik ruht. Wenn dieses Beispiel Schule macht, ist die gemeinsame europäische Asylpolitik tot."
Die neue Innenministerin müsse "dringend intervenieren". Sollte sich Athen weiterhin kompromisslos zeigen, müsse die neue Innenministerin an unseren Flughäfen Grenzkontrollen einführen. Wer dort bereits ankündige, in Deutschland Asyl beantragen zu wollen, müsse zurückgewiesen werden.
Foto: Flüchtlinge in Griechenland (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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