Berlin - Wissenschaftler und Klimaaktivist Volker Quaschning auf ambitioniertere Klimaziele Deutschlands gedrungen. "Deutschland liegt auf Platz 6 der Klimasünderländer mit einem Pro-Kopf-Kohlendioxidausstoß deutlich oberhalb des Weltdurchschnitts", sagte er dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Sonntagsausgaben).
"Berücksichtigt man die historischen Treibhausgasemissionen ist die deutsche Bilanz noch vernichtender", so der Berliner Professor für Regenerative Energiesysteme, der im Netzwerk "Scientists for Future" aktiv ist. Die deutschen Klimaschutzziele müssten deshalb deutlich ambitionierter ausfallen als für viele andere Länder. "Deutschland hat aber auch die technischen ökonomischen Möglichkeiten, beim Klimaschutz Vorreiter zu sein und wird davon am Ende auch ökonomisch erheblich profitieren." Vor dem Weltklimagipfel hatte etwa das Teilnehmerland Indien Skepsis gegenüber einer Verpflichtung zur Klimaneutralität geäußert.
"Arme Länder wie Indien haben derzeit neben der Klimakrise noch viele andere drängende Probleme", sagte Quaschning. Der Pro-Kopf-Kohlendioxid-Ausstoß in Indien betrage weniger als ein Drittel von dem in Deutschland. "Darum bleibt Indien am Ende auch mehr als die dreifache Zeit auf dem Weg in die Klimaneutralität. Insofern ist es erst einmal entscheidend, was die großen Sünderländer wie die EU und die USA machen."
Gelinge die Klimaneutralität in diesen Ländern im nötigen Zeitkorridor, könne Indien für die gesetzten Ziele immer noch rechtzeitig klimaneutral werden. Solar- und Windenergie seien inzwischen die preiswertesten Möglichkeiten zur Stromerzeugung. "Dass die Welt in diesem Jahrhundert weitgehend klimaneutral werden wird, ist darum sehr wahrscheinlich", sagte der Klimaschutzexperte. "Bei der COP26 stellt sich aber die Frage, ob es gelingt, die Klimaneutralität bereits vor dem Jahr 2050 zu erreichen, um die globale Erwärmung noch sicher deutlich unter zwei Grad Celsius halten zu können."
Derzeit reichten die Maßnahmen aller Länder einschließlich Deutschlands dazu nicht einmal ansatzweise aus. "Die Folge wäre eine Erwärmung von bis zu drei Grad Celsius mit katastrophalen Folgen für die gesamte menschliche Zivilisation. Darum erhoffe ich mir zumindest von Akteuren wie der EU und den USA ein klares Zeichen, die nötigen Maßnahmen notfalls auch im Alleingang kompromisslos einzuleiten und damit beim Klimaschutz voranzugehen." Dadurch würden auch viele andere Länder gezwungen, dem Beispiel zu folgen, um den wirtschaftlichen Anschluss nicht zu verlieren.
Foto: Windräder (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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