Berlin - Der Leiter des Coronakrisenstabes der Bundesregierung, Generalmajor Carsten Breuer, schätzt die Pandemie-Lage in Deutschland weiterhin als kritisch ein. "Die Zahl der Neuinfektionen sinkt, aber das täuscht über die Gesamtlage hinweg", sagte er der "Welt" (Donnerstagausgabe).
"Die ist gerade im Bereich der kritischen Infrastrukturen weiter angespannt", sagte Breuer. "Pflegepersonal und Ärzte in den Krankenhäusern arbeiten häufig am Anschlag, weil die Schichten von an Corona Erkrankten übernommen werden müssen. Außerdem funktionieren viele Lieferketten weiterhin längst nicht wie vor der Pandemie." Viele Lieferketten seien unterbrochen oder noch nicht ganz wieder hergestellt, wie im Bereich der Kraftwerke, bei Krankenhäusern oder im Verkehrssektor, zum Beispiel bei Lkw-Fahrern, sagte der Krisenstabsleiter.
"Wir gehen dort von einem Ausfall von etwa einem Drittel der Mitarbeiter aus. Wenn also derzeit Regale in den Supermärkten leer sind, dann liegt das daran." Seine Prognose für eine Entspannung: "Wenn sich die aktuelle Entwicklung so fortsetzt, denke ich, dass wir in drei oder vier Wochen die größten Personalausfälle überwunden haben und sich die Lage dann stabilisiert." Der Impffortschritt laufe nicht so wie gewünscht, gab der Generalmajor zu.
"Wir haben aktuell eine Impflücke von zwölf Millionen, so viele Erwachsene haben sich zwei Mal immunisieren, aber nicht boostern lassen. Diese Leute sind zwar impfwillig, verzichten aber auf einen zuverlässigen Schutz." Er könne sich nicht erklären, warum. "Und ich warne davor, die dritte Impfung ausfallen zu lassen - das kann tödlich sein."
Was die Impf-Infrastruktur angehe, sei Deutschland für eine neue Corona-Welle gerüstet. "Es gibt genug Impfstoff und die Einrichtungen, ihn zu verabreichen. Es hängt natürlich davon ab, wie sich die Pandemie entwickelt, ob es neue Varianten gibt und wie die sich auswirken", so Breuer. Man habe über den Sommer und über den Herbst hinaus ausreichend Impfstoff für alle, die sich immunisieren lassen können.
"Was wir nicht absehen können, ist die weitere Entwicklung des Virus. Sollte es mutieren und damit ein neuer Impfstoff nötig sein, haben wir eine neue Situation. Wir wissen nicht, ob das nötig ist, wie lange die Entwicklung neuer Vakzine dauert und wann diese auf den Markt kommen könnten. Je nachdem kann es also immer wieder sein, dass es zu einer erneuten Knappheit bei Impfstoffen kommen kann."
Foto: Mann mit Maske (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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