Berlin - Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Kevin Kühnert hält ein Ende des harten Lockdowns nach dem 10. Januar angesichts der weiter hohen Infektionszahlen für unrealistisch. "Mir fehlt ehrlich gesagt die Fantasie, wie sie jetzt ausgerechnet über die Feiertage sonderlich viel niedriger werden sollten. Insofern spricht viel dafür, dass uns diese Phase noch eine Weile begleiten wird", sagte Kühnert in der Sendung "Frühstart" von RTL und n-tv.

Ob es längere Maßnahmen brauche, sei "keine Sache des Auswürfelns der Politik", sondern es gebe mit der angepeilten Inzidenz von weniger als 50 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner in sieben Tagen ein Kriterium. "Und davon sind wir Lichtjahre entfernt im Moment." Der SPD-Vize erwartet von den Bürgern, dass sie sich über die Weihnachtstage zurücknehmen.

Die Regel, sich nicht mit mehr als fünf Erwachsenen zu treffen, sei zwar schmerzhaft. "Aber der kollektive Lagerkoller, wenn wir in zwei Wochen mit völlig durch die Decke gehenden Infektionszahlen dastehen würden, wäre viel unverantwortlicher gewesen." Die Polizei werde aufmerksam sein, könne aber nur dort eingreifen, wo sie Hinweise habe. "Insofern ist Eigenverantwortung etwas, das wichtig sein wird in den nächsten Tagen."

Für 2021 forderte Kühnert einen stärkeren Fokus auf den Schulunterricht in der Coronakrise. "Ich finde, es spricht vieles dafür, dass er sehr große Priorität hat." Aus der geräumigen Altbauwohnung lasse sich leicht über die Möglichkeiten des Homeschoolings sinnieren. "Das ist aber nicht die Realität für besonders viele Menschen im Land", so Kühnert.

Man habe "sehr konkrete Hinweise" aus der Wissenschaft, was es für Schüler bedeute, ein halbes oder ganzes Jahr keinen regulären richtigen Schulunterricht gehabt zu haben. "Das sind Defizite, die kriegen wir aus vielen Lebensläufen später nicht mehr raus. Und ich finde, da versündigen wir uns dann auch." Bei den am Sonntag beginnenden Corona-Impfungen werden jüngere Menschen in der Regel zu allerletzt drankommen.

Kühnert hält es für verschmerzbar, dass sie dann zunächst auch Nachteile haben könnten – zum Beispiel beim Zugang zu Konzerten oder Kinos. "Was ist denn ein Kinobesuch im Gegenzug dafür, noch gute Jahre mit meinen Großeltern zusammen haben zu dürfen? Und ob nun gerade die `Generation Netflix` darauf angewiesen ist, dreimal die Woche, und zwar unmittelbar jetzt, wieder ins Kino gehen zu müssen - ich glaube, die wissen sich auch anders zu beschäftigen."

Foto: Corona-Lockdown (über dts Nachrichtenagentur)

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