Berlin - Unter dem Eindruck des russischen Krieges in der Ukraine wollen die Grünen den Umbau hin zu einer klimafreundlichen Wirtschaft in Deutschland beschleunigen. Das geht aus einem Leitantrag zum bevorstehenden Länderrat am 30. April hervor, über den die "Rheinische Post" in ihrer Donnerstagausgabe berichtet.

Zugleich erklärt die Partei darin künftigen Wirtschaftsbeziehungen mit Russland eine klare Absage. "Im Kern bedeutet die aktuelle geopolitische Lage, dass wir die Transformation zur klimaneutralen Produktion unter erschwerten Bedingungen mit noch größerem Handlungsdruck und mit noch schnellerem Tempo vorantreiben müssen", heißt es. Man müsse sich auf eine neue friedens- und sicherheitspolitische sowie außenwirtschaftliche Situation in Europa und der Welt einstellen. "Es geht jetzt um den kompletten ökonomischen Bruch mit Putins Russland. Im Falle von Russland hat der Ansatz Wandel durch Handel zu einer gefährlichen Abhängigkeit geführt", schreiben die Grünen in dem Papier.

Mit der Klimakrise und der Corona-Pandemie, der Biodiversitätskrise und dem Krieg in Europa seien Unternehmen, Arbeitnehmer und das ganze Land gefordert, sagte Grünen-Chefin Ricarda Lang der "Rheinischen Post" dazu. "Wer jetzt die Transformation bremst, beschleunigt die Krise." Co-Parteichef Omid Nouripour hervor, dass Überwindung der Abhängigkeit von Kohle und Öl, von Gas und Uran "die entscheidende Zukunftsfrage" für die deutsche Industries sei.

"Das Geschäftsmodell basierend auf billigen russischen Fossilen auf Kosten Dritter ist gescheitert. Deshalb haben wir in der Bundesregierung ein Ausbauprogramm für die Erneuerbaren Energien inklusive der Beschleunigung von Planungsprozessen auf den Weg gebracht, was es so noch nicht gegeben hat", sagte Nouripour. In ihrem Leitantrag heben die Grünen explizit die Bundesländer hervor, in den zeitnah Landtagswahlen anstehen. "Nordrhein-Westfahlen als Kernland vieler energieintensiver Grundstoffindustrien, die bislang auf fossiler Basis und damit mit hohen Treibhausgasemissionen produzieren, kann mit uns Grünen die erste CO2-freie Industrieregion Europas werden", heißt es im Länderrats-Antrag.

Auf Bundesebene richte die Bundesregierung die Politik bereits konsequent auf das Ziel der Klimaneutralität aus. In Schleswig-Holstein als "absolutem Vorreiter der Energiewende" würden die erneuerbaren Energien schon heute über 160 Prozent der Stromversorgung ausmachen. Das Land wolle "mindestens zehn Prozent der bundesweit an Land erforderlichen Strommenge aus Erneuerbaren Energien erzeugen", heißt es in dem Papier. Dafür wolle man erreichen, dass das Land künftig drei Prozent seiner Fläche für die Windenergie an Land zur Verfügung stellt.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat ein Flächenziel von zwei Prozent für die Windkraft ausgegeben. Die Grünen beschreiben die Energiewende als "Wirtschaftsbooster" und die Erneuerbaren als "Standortvorteil". Man setze alles daran, Wertschöpfung und gute Arbeitsplätze in dieser schwierigen Zeit zu erhalten. "Auf dem Weg zur Klimaneutralität werden in den kommenden Jahren hunderttausende neue Jobs entstehen - sogenannte Green Jobs. Gleichzeitig ist die ökologische Transformation für viele Menschen und Unternehmen eine große Herausforderung", schreiben die Grünen.

Dort, wo sich Jobprofile grundlegend verändern, werde man Unternehmen und Beschäftigte auf dem Weg hin zu einem klimaneutralen Wirtschaftssystem unterstützen. "Mit einer Überarbeitung der Fachkräftestrategie werden wir dafür sorgen, dass die Potentiale von Weiterbildung und Umschulungen stärker genutzt werden. Wir wollen zudem die Erwerbsbeteiligung von Frauen, älteren Erwerbspersonen sowie Menschen mit Behinderung weiter verbessern. Auch Arbeitskräftezuwanderung soll leichter möglich werden", heißt es im Antrag weiter.

Am 30. April wird in Düsseldorf der grüne Länderrat tagen - ein beschlussfassendes Parteiorgan, dem neben der Parteispitze auch Vertreter der Landesverbände, aus Bundestag und Europaparlament sowie der Grünen Jugend angehören. Mit dem Leitantrag will die Partei unter dem Eindruck des Krieges in der Ukraine nun ihre programmatischen Leitlinien nachschärfen.

Foto: Grünen-Wahlprogramm 2021 (über dts Nachrichtenagentur)

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