Während Verliebte auf der ganzen Welt sich gegenseitig ihre Zuneigung bekundeten, zeigten viele Russen ihre Liebe, ihren Respekt und ihre Unterstützung dem gefangenen Oppositionellen Alexey Navalniy gegenüber.
Obwohl sogar friedliche Protestaktionen nicht erlaubt wurden, unterstützten die Menschen den Politiker Alexey Navalniy öffentlich in verschiedenen Städten Russlands sowie im Ausland. Sie schalteten die Lichter ihrer Handys auf öffentlichen Plätzen ein, um Solidarität mit dem russischen Hauptkorruptionskämpfer zu zeigen. "Liebe ist stärker als Angst" – unter diesem Motto verlief die Aktion. Laut der «Deutschen Welle» wurden 19 Demonstranten festgenommen, was viel weniger ist als bei anderen Aktionen üblich war.
Politik des Kremls wird trotzdem immer radikaler
Der Kreml trägt selbst zur Eskalation der Lage bei. Der russischen Regierung ist anscheinend eine Zusammenarbeit mit den westlichen Kolleginnen egal. Man muss sich die Frage stellen: Brauchen EU und Russland einander wirklich? Der Energiehandel und Nord Stream-2 im Speziellen sind die einzigen Faktoren, die Russland mit Europa zusammenhalten. Die zugespitzte Lage zwischen der westlichen und östlichen Welt eskaliert immer wieder. Russland bleibt aber hartnäckig.
Russland handelt sehr entschlossen. Trotz der zahlreichen Sanktionen gegen russische Unternehmen, die sich mit dem Gasprojekt Nord Stream-2 beschäftigen, setzt der Kreml weiter auf Radikalismus. Durch die Spekulationen in Deutschalnd als Reaktion auf die Verhaftung Navalniys, das Projekt zu stoppen, geriet Moskau unter Druck. Die Ukraine, Lettland, Litauen, Estland und Polen sind gegen die Gas-Pipeline. Das in vielen geopolitischen Fragen gleichgesinnte Frankreich, ist dem Projekt auch nicht sonderlich wohlgesonnen.
Die USA sind auch gegen das Projekt. Sie haben eigene wirtschaftliche Gründe dafür. Washington will im europäischen Markt seine Position mit Flüssiggas stärken und droht deshalb seit einem Jahr den Unternehmen, die sich am Bau der Pipeline beteiligen. Aus diesem Grund haben viele Unternehmen das Projekt verlassen.
Die europäischen Anhänger des Projekts wiederum sagen: Falls Nord Stream-2 gestoppt wird, verliert Europa ein Druckmittel auf Russland. Man kann aber auch eine andere Perspektive beobachten, die zeigt, dass Russland den europäischen Energiemarkt beeinflussen will.
Gegenseitige Abhängigkeit
Für Deutschland ist das Projekt von großer Bedeutung. Als vorübergehende Energiequelle wird billiges russisches Gas benötigt, während Deutschland von Kohle und Atomkraft auf erneuerbare Energien umstellt. Nord Stream-2 hat in der deutschen Regierung zur Spaltung zwischen den Grünen und der CDU geführt.
Das Erdgas und das Öl sind wirtschaftlich die Hauptgründe der Freundschaft zwischen Brüssel und Moskau. Gleichzeitig dauert das Streben nach Souveränität sowie nach wirtschaftlicher Selbstständigkeit zwischen den Partnern seit langem. Das führte zu verschiedenen Auseinandersetzungen. Bevor zu radikalen Maßnahmen gegriffen wird, sollten die verschiedenen Regierungen jedoch beachten, dass die Länder in einer gegenseitigen Abhängigkeit sind. Russland transferiert ungefähr 80 Prozent seiner Gasexporte nach Europa. Dadurch ist Russlands Wirtschaft von europäischen Abnehmern abhängig. Zudem ist die russische Wirtschaft auf Investitionsgüter aus Europa angewiesen.
Energieeinfluss und russische Manipulationen
Russland ist weltweit als ein Hauptförderer im Erdgassektor bekannt. Das gibt dem Kreml die Möglichkeit, andere Länder zu beeinflussen und eigene Spielregeln zu bestimmen. Die Ukraine war das erste Land, das diese Macht im Dezember 2005 direkt zu spüren bekommen hat. Der staatliche Energiekonzern Russlands hob die Preise auf mehr als das Doppelte an. Da die Ukraine ein Transitland für die Pipelines in den Westen ist, ist es auch in Westeuropa zu Lieferengpässen gekommen.
Weißrussland ist ein weiteres Land, das politisch und wirtschaftlich von Russland abhängig ist. Obwohl Minsk eine aktive Politik mit anderen Ländern führt, ist Russland für den Großteil des belorussischen Imports verantwortlich. Die strategische Zusammenarbeit basiert auf dem Vertrag (1997) über die Schaffung des Unionsstaates Belarus und Russlands. Der Kreml versorgt mit seinen Energieressourcen auch die anderen Staaten der EU. Der Anteil russischer Energieerzeugnisse beträgt zum Beispiel 27% in Europa. Einige Länder wie Deutschland oder Italien importieren sogar weit über 40%. Diese beidseitige wirtschaftliche Abhängigkeit sollte nicht als Bedrohung verstanden werden, sondern vielmehr eine Basis gemeinsamer Interessen sein.
Kurswechsel um 180 Grad
Trotz aller Profite und Gewinne, die Russland durch die Zusammenarbeit mit der EU weiterhin bekommen könnte, gibt der Kreml eine andere Politikrichtung vor. Der Grund dafür ist die Demonstration seiner souveränen Großmacht. Strategische Partnerschaften stehen nicht im Vordergrund der russischen herrschenden Eliten. Wir sind Zeugen des zweifellos autoritären Charakters der russischen Politik vor ein paar Tagen geworden. Im Zusammenhang mit den Nawalniy-Protesten wies der Kreml Diplomaten aus Deutschland, Polen und Schweden aus und sie bekamen den Stempel als „Persona non grata“. Die russische Seite beschuldigte die Diplomaten, an Protesten am 23. Januar in Moskau und St. Petersburg teilgenommen zu haben. Die Position des Ministeriums wurde von der Europäischen Union, Großbritannien und den Vereinigten Staaten kritisiert. Berlin, Stockholm und Warschau kündigten daraufhin die Ausweisung von drei russischen Diplomaten an.
Auch andere zahlreiche Sanktionen von Seiten der EU sowie den USA seit dem Jahr 2014 wegen des Krieges mit der Ukraine schüchtern den Kreml nicht ein. Putin setzt weiter seine autoritäre Politik fort, die auf Menschrechtverstößen und Meinungsbeschränkungen basiert. Die Proteste zur Unterstützung des Oppositionellen Alexey Navalniy haben eher symbolischen Charakter. Die russische Gesellschaft ist ziemlich müde von den vielfältigen Verboten. Die Menschen kämpfen also nicht nur um ihre Bürger- und Menschenrechte, sondern auch gegen das Putin-Regime im Allgemeinen.
Russland übt weiter Kritik an den USA
Die weiteren Beziehungen zwischen Brüssel und Moskau stehen auf wackligen Beinen. Das Interview des russischen Außenministers Sergey Lawrow auf dem Live-YouTube-Kanal von Soloviev hat die angespannte Lage noch weiter verschärft. Dort sagte er: „Wir wollen uns nicht vom internationalen Leben isolieren, aber wir müssen darauf vorbereitet sein. Wenn man Frieden will, muss man sich auf den Krieg vorbereiten". So klingt ein Volksspruch, der im Alltag nichts mit Krieg zu tun hat, und den der Minister auf die aktuelle Lage bezieht.
Das russische Außenministerium beschuldigte auch die US-Botschaft, unkoordinierte Proteste in Russland zu unterstützen. Sergey Lawrow betont, der Westen beschränke die Selbständigkeit und Unabhängigkeit von Russland. Der Generalsekretär der Partei "Vereinigtes Russland" (Regierungspartei mit absoluter Mehrheit im Parlament) Andrey Turchak, beschuldigte auch via Instagram die "globale Maschine des Westens", Russland "in die Luft zu jagen", und erklärte Folgendes: "Es ist wichtiger denn je zuvor, sich um unseren Präsidenten zu versammeln, der das Land gerettet hat und jetzt Russland unter den Bedingungen eines globalen Sturmes führt."
Das Szenario, in welchem der Kreml die USA für die Bürgerproteste verantwortlich macht, findet nicht zum ersten Mal statt. Ein prominentes Beispiel dafür sind die Ukraine- und Weißrussland-Konflikte zwischen den Bürgern und der Regierung. In beiden Ländern geben prorussische Vertreter den Vereinigten Staaten die Schuld für die Proteste.
Die internationalen Eliten warnen Russland und die Navalniy-Frage löst heftige Reaktion in der EU-Spitze aus
Die verschärfte Missbilligung und Kritik des EU-Parlaments kam zum Vorschein nach der Verhaftung des russischen Oppositionellen Alexey Navalniy. Das US-Außenministerium, der Leiter der Diplomatie der Europäischen Union Josep Borrell, der britische Außenminister Dominic Raab, der deutsche Außenminister Heiko Maas, der UN-Sonderberichterstatter für Vereinigungsfreiheit und friedliche Versammlung Clement Wool und der EU-Rat verurteilten die Anwendung von Gewalt gegen die Demonstranten und forderten die Freilassung aller Inhaftierten. Das Außenministerium und der EU-Rat forderten ebenfalls die Freilassung von Navalniy.
Die G7 halten ihre Ansichten auch nicht zurück. Die Staatsführer äußerten sich besorgt über die Inhaftierung tausender friedlicher Demonstranten und Journalisten während der Kundgebungen.
Mit oder ohne Unterstützung der internationalen Organisationen sowie Politiker, deren Worte von großer Bedeutung sein sollten, plant die russische Bevölkerung gegen die Inhaftierung von Alexey Navalniy weiter zu protestieren. Am 23 Februar, symbolisch am Tag „der sowjetischen roten Armee“, wollen die Bürger entschlossen weiterprotestieren. Die aktive Antikorruptionspolitik von Alexey Navalniy wird von seiner Ehefrau Julia unterstützt. Die europäischen Beobachter vermuten, dass die vor ein paar Tagen in Deutschland angekommene Julia Navalnaya die Bewegung durch die belorussische Oppositionelle Swetlana Tichanowskaja wiederholen könne.
Nur zur Erinnerung: Tichanoswskaja ist unverhofft Präsidentschaftskandidatin geworden. Eigentlich wollte ihr Ehemann, der oppositionelle Videoblogger Sergej Tichanowskij, Lukaschenko herausfordern, wurde aber früh aufgehalten. Kurz vor dem Start der Wahlkampagne wurde Tichanowskij festgenommen - wegen seiner Teilnahme an einer nicht genehmigten Demonstration am Anfang des Jahres. So konnte er nicht persönlich sein Wahlkampfteam anmelden und seine Ehefrau entschied sich damals spontan, selbst anzutreten, so die Deutsche Welle.
Man sieht: hinter starken Männern stehen intelligente und mutige Frauen. Doch sie sich im Endeffekt auch wirklich durchsetzen? Die Zeit wird es uns zeigen. Die postsowjetische Bevölkerung weiß nur: so wie früher sollte es nicht mehr sein. Das Volk braucht unbedingt möglichst rasche Änderungen: in den Köpfen, der Mentalität, im sowjetischen System, dessen Spuren immer noch in der Entwicklung der aktuellen politischen Ereignisse sichtbar sind.
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