Berlin - Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner warnt vor einem geldpolitischen Kurswechsel durch den Wechsel an der Spitze der Deutschen Bundesbank. "Es muss eine Persönlichkeit sein, die den stabilitätsorientierten Kurs in der Geldpolitik fortsetzt", sagte er der "Welt am Sonntag".
Dazu gehöre ein aufmerksamer Blick auf die Zinspolitik der EZB sowie deren Programme zum Ankauf von Anleihen. "Gerade die Deutschen haben traditionell Befürchtungen vor Inflation. Deshalb muss die neue Spitze der Bundesbank dafür sensibel sein", sagte Lindner. Im Zusammenhang mit der Bildung einer neuen Regierung hofften manche auf eine grundlegend andere Fiskal- und Geldpolitik aus und in Deutschland. "Dass es dazu gerade nicht kommt, darauf wird die FDP achten", sagte der Liberale. Jens Weidmann hatte am Mittwoch überraschend angekündigt, sein Amt als Bundesbank-Präsident aus persönlichen Gründen zum Jahresende niederzulegen. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Friedrich Merz sagte der "Welt am Sonntag", Weidmanns Rücktritt komme "zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt" und sei "ein schwerer Rückschlag für eine stabilitätsorientierte Währungspolitik in Europa". Weidmann sei der namhafte Vertreter der Minderheit im EZB-Rat gewesen, "die immer noch auf das Einhalten der Regeln besteht, die wir uns bei der Einführung des Euro gegeben haben". Alle bisherigen Präsidenten der Deutschen Bundesbank seien Vertreter einer solchen stabilitätsorientierten Währungspolitik gewesen, erst für die D-Mark, dann für den Euro. "Die nächste Bundesregierung sollte an dieser Tradition unbedingt festhalten und einen entsprechenden Nachfolger bestimmen, der auch der nächsten Bundesregierung in Fragen der Geldwertstabilität kritisch gegenübersteht", forderte Merz. Besonders die FDP müsse hier zeigen, dass sie es ernst meine mit einer Währungspolitik, "die nicht immer mehr in den Sog der Fiskalpolitik gerät", so der CDU-Politiker. "Der südeuropäische Mainstream einer Weichwährungspolitik darf sich jedenfalls nicht durchsetzen." Jens Weidmann habe viel erreicht, aber er habe sich im EZB-Rat offenbar immer weniger durchsetzen können. Aus Sicht von Manfred Weber, Vorsitzender der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament und Stellvertretender CSU-Parteivorsitzender, wecken die anstehenden Personalveränderungen an der Spitze der Bundesbank Befürchtungen, gerade in Hinblick auf eine mögliche Ampel-Koalition. "Die künftige Bundesregierung muss mit der Besetzung des neuen Bundesbankpräsidenten ein starkes Stabilitätssignal geben und Kontinuität zeigen", sagte Weber der "Welt am Sonntag". Bei Deutschlands Partnern im Euro-Raum werde die Ampel als linke Regierung wahrgenommen, die die Stabilitätsregeln nicht mehr strikt auslege. "Die europäischen Sozialdemokraten fordern schon lange, die Schuldenregeln aufzuweichen, und sie fühlen sich durch eine mögliche SPD-geführte Regierung motiviert. Wenn Olaf Scholz bei der Stabilitätspolitik wackelt, wären die Folgen verheerend", sagte Weber. Eine Aufweichung gefährde die Stabilität des Euro und damit den Wohlstand in Europa. "Die Erfahrungen aus der Euro-Krise dürfen nicht in Vergessenheit geraten."
Der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz sprach sich dagegen aus, die Bundesbank für politische Projekte einzuspannen. "Die Bundesbank ist aus gutem Grund eine unabhängige Institution, deshalb sollte sie nicht unnötig politisiert werden", sagte er der "Welt am Sonntag". Bayaz sitzt bei den Koalitionsverhandlungen für die Grünen in der Arbeitsgruppe Finanzen und Haushalt. Er sieht die Herausforderungen für den künftigen Präsidenten der Bundesbank vor allem in der Modernisierung der Kapitalmärkte.
"Die Aufgaben für seine Nachfolge sind groß: Die Megatrends Digitalisierung und Nachhaltigkeit müssen kraftvoll vorangetrieben werden, gerade auch an den Finanzmärkten", sagte Bayaz.
Foto: Deutsche Bundesbank (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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