Berlin - Außenpolitiker der Linken halten eine Einigung auf ein mögliches rot-rot-grünes Regierungsbündnis trotz Kritik von SPD und Grünen für vorstellbar. "Die Kanzlerkandidatin und die Kanzlerkandidaten haben die Dimension des Scheiterns der NATO in Afghanistan wohl noch nicht begriffen", sagte der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Gregor Gysi, dem "Spiegel".

Wer nach dem Fiasko glaube, die Welt wäre sicherer, wenn Deutschland noch mehr Steuermilliarden in die Rüstung stecke und europäische Truppen auch ohne die USA Kriege führen können müssten, "denkt vollständig an den Realitäten vorbei". Gysi sagte auch: "SPD und Grüne müssen ihre Außenpolitik hinterfragen. Aber ich glaube, die Zeichen sind so eindeutig gesetzt, dass wir uns in diesen Fragen bei Rot-Rot-Grün verständigen können." SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz und Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock hatten im ersten TV-Triell am Sonntag die Linke für ihr Abstimmungsverhalten im Bundestag zum Evakuierungseinsatz der Bundeswehr in Kabul kritisiert.

Die Linksfraktion hatte sich mehrheitlich enthalten. Für eine Koalition nach der Bundestagswahl machte Scholz unter anderem zur Bedingung, dass sich die Linke klar zur NATO bekennt. Helin Evrin Sommer, entwicklungspolitische Sprecherin der Linken, sagte dem Nachrichtenmagazin: "Das Afghanistan-Desaster muss zum Anlass genommen werden, um eine längst überfällige Neuausrichtung der Außen- und Sicherheitspolitik vorzunehmen." Deutschland müsse sich für eine neue Sicherheitsarchitektur engagieren: "SPD und Grüne sollten ihre Außenpolitik hinterfragen. Für eine mögliche Koalition müssten sich selbstverständlich alle drei Parteien bewegen", so Sommer.

Der Sprecher für Sicherheitspolitik der Linkenfraktion, Matthias Höhn, sagte unterdessen dem "Spiegel", dass SPD und Grüne ihre Außenpolitik "in wichtigen Punkten" korrigieren müssten. "Die Auslandseinsätze gehören alle dringend auf den Prüfstand, ebenso das falsche NATO-Zwei-Prozent-Ziel." Es gebe "Hürden für eine Zusammenarbeit mit SPD und Grünen, aber eine Einigung ist möglich, wenn es allen drei Parteien ernst damit ist, dass es kein `Weiter so` nach der Bundestagswahl geben darf".

Foto: Linkspartei-Logo auf Parteitag (über dts Nachrichtenagentur)

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