Berlin - Im Kampf gegen die vierte Corona-Welle hält die Ärztegewerkschaft Marburger Bund die neuen Maßnahmen des geänderten Infektionsschutzgesetzes für unzureichend. Man fordere unter anderem den Verzicht auf Großveranstaltungen, etwa auf Fußballspiele in voll besetzten Stadien, sagte die Vorsitzende Susanne Johna, der "Rheinischen Post" (Samstagausgabe).
"Wir haben in Deutschland viel zu lange wie das Kaninchen auf die Schlange gestarrt und uns nicht bewegt, so dass jetzt kleinere Bewegungen leider nicht mehr reichen. Konkret heißt das: Die jetzt neu beschlossenen Maßnahmen werden nicht ausreichen, um die vierte Welle zu brechen, insbesondere nicht in Bundesländern wie Sachsen und Bayern mit sehr hohen Inzidenzen und Krankenhausbelegungen." In diesen Ländern seien weitere Schritte wie strengere Kontaktbeschränkungen unabwendbar. "Weniger Kontakte heißt weniger Infektionen", sagte Johna. "Auch Großveranstaltungen können in der jetzigen Situation nicht mehr wie gewohnt stattfinden. Die Landesparlamente der besonders stark betroffenen Länder sollten diese Schritte nun schnell beschließen. Das hätte kurzfristig einen erheblichen Effekt und kann dabei helfen, das exponentielle Wachstum der Infektionszahlen wirklich zu brechen, nicht nur zu verlangsamen", so die Marburger-Bund-Vorsitzende weiter. Dabei hob Johna hervor, dass die Aufrechterhaltung des Schulbetriebs eindeutig Priorität vor Großveranstaltungen haben müsse. "Den Schulbetrieb müssen wir uns trotz der akuten Infektionslage weiterhin leisten können. Anstatt Schulen erneut zu schließen, sollte die Politik lieber in andere Bereiche stärker eingreifen und Großveranstaltungen in den besonders betroffenen Regionen absagen, vor allem dann, wenn sie drinnen stattfinden." Auch volle Fußballstadien seien in dieser Phase kaum zu verantworten. "Die Vereine sollten von sich aus aktiv werden", forderte Johna.
Sie plädierte für die Beibehaltung von Masken im Schulunterricht, bemängelte aber "große Defizite" bei der Ausstattung der Schulen. "Bei den Lüftungsmöglichkeiten und den sanitären Einrichtungen wären längst Verbesserungen notwendig gewesen", sagte Johna. Damit die neu beschlossenen Maßnahmen Wirkung zeigen könnten, forderte die Gewerkschafterin strengere Kontrollen und Sanktionen. "An einer wirksamen Um- und Durchsetzung mangelt es nach wie vor am allermeisten. Hier stehen zum einen die Veranstalter in der Pflicht: Sie sind verantwortlich dafür, die geltenden Regeln auch konsequent zu kontrollieren. Zum anderen geht es um die Frage, ob man die stichprobenartigen Kontrollen im Verhältnis 1:1.000 oder 1:20 einführt. Zumindest zu Beginn der neuen Maßnahmen plädiere ich sehr für engmaschige Stichproben."
Foto: Olympiastadion (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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