Moskau - Die Journalistin Marina Owsjannikowa, die mit einem Protestauftritt im russischen Fernsehen für Aufsehen gesorgt hatte, unterstützt scharfe Sanktionen gegen ihr Heimatland. "Ich glaube, dass es harte Sanktionen geben muss", schreibt sie in einem Beitrag für die "Welt".

Vor Butscha habe sie noch gesagt, dass Sanktionen nur Putin und seine Familie treffen sollten, und dass normale russische Bürger nicht darunter leiden sollten - seit Butscha sehe sie das aber anders. Sie glaube, "dass alle Russen kollektiv die Verantwortung tragen". Sie fügte hinzu: "Diese Schuld trifft jeden Russen. Wir werden, wie die Deutschen für ihre Verbrechen im Zweiten Weltkrieg, über Jahrzehnte um Vergebung bitten müssen für das, was wir getan haben."

Owsjannikowa arbeitet seit Anfang April als freie Autorin für die "Welt". Sie war bis zum 14. März 2022 Redakteurin beim staatlichen russischen Fernsehsender Perwyj Kanal. An diesem Tag hielt sie hinter der Sprecherin der Abendnachrichten ein Plakat in die Kamera, mit dem sie gegen den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine protestierte. Die Tochter eines Ukrainers und einer Russin wurde daraufhin festgenommen und von einem Gericht zunächst zu einer Geldstrafe von umgerechnet rund 250 Euro verurteilt.

Ihr droht weiterhin eine Anklage wegen Verstoßes gegen das Gesetz gegen "Falschnachrichten", welches unter anderem die Bezeichnung des russischen Angriffs auf die Ukraine als "Krieg" verbietet. Dieses sieht Strafen bis zu 15 Jahren Haft vor. In ihrem Beitrag reflektiert sie kritisch ihre Arbeit für das russische Staatsfernsehen: "Über viele Jahre habe ich für den russischen Staatssender Perwyj Kanal gearbeitet und war an der Erstellung aggressiver russischer Kreml-Propaganda beteiligt." Einer Propaganda, die von morgens bis abends versuche, die Aufmerksamkeit von der Wahrheit wegzulenken und die versuche, "jegliche moralischen Maßstäbe zu verwischen".

Sie sei zwar "nur ein Rädchen in diesem System" gewesen, aber sie habe an ihrer Stelle dafür gesorgt, dass das System funktionierte. "Ich habe keine Propagandabeiträge selbst geschrieben oder gemacht. Aber ich habe geholfen, dass andere es tun konnten." Sie bereue, dass sie dazu beigetragen habe, "die Russen mit dieser Propaganda zu zombifizieren".

Und sie wisse auch, dass sie damit geholfen habe, "bei den Menschen falsche Vorstellungen über die Ukraine und den Westen zu prägen". Owsjannikowa wörtlich: "Ich schäme mich dafür."

Foto: Turm des Kreml in Moskau mit dem Moskauer Bankenviertel im Hintergrund (über dts Nachrichtenagentur)

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