Berlin - Nachdem der bisherige AfD-Chef Jörg Meuthen am Freitag seinen überraschenden Austritt aus der Partei bekannt gemacht hat, verarbeitet er seine Zeit in der Partei mit weiteren Interviews. Der "Süddeutschen Zeitung" sagte Meuthen nun, zum Austritt habe ihn "die Summe vieler Ereignisse" bewogen, zuletzt etwa "die Beleidigung des erst wenige Stunden zuvor verstorbenen EU-Parlamentspräsidenten David Sassoli durch einen AfD-Europaabgeordneten".

Und weiter: "Auch die nicht enden wollenden Enthüllungen von entsetzlichen AfD-Chatbeträgen machten mich fassungslos." Es habe ihm kaum erträgliche AfD-Auftritte im Bundestag gegeben, so Meuthen. "Das Fremdschämen hatte ein Allzeithoch erreicht." Nur wenige Tage nach seinem überraschenden Austritt aus der AfD führt deren Ex-Chef bereits Gespräche über eine neue politische Heimat.

"Ich arbeite mit Leidenschaft politisch", sagte Meuthen weiter. "Ich bleibe ja EU-Abgeordneter, aber ich führe auch Gespräche mit potentiellen neuen Partnern", sagte der 60-Jährige. "In näherer Zukunft wird es da Klarheit geben", kündigte Meuthen an. Offenbar kann er sich vorstellen, beim Aufbau einer neuen politischen Kraft in Deutschland mitzuwirken.

"Es gibt aus meiner Sicht im deutschen Parteienspektrum durch den deutlichen Linksruck der CDU einerseits und das zunehmende Abdriften der AfD nach Rechtsaußen andererseits eine erhebliche Repräsentationslücke im konservativ-freiheitlichen Bereich", sagte Meuthen weiter. "Das wird in diesen Tagen ja mehr als deutlich." Meuthen hatte am Freitag den Parteivorsitz der AfD nach sechseinhalb Jahren unter Verweis auf deren Radikalisierung niedergelegt und war auch aus der Partei ausgetreten. In den nächsten Monaten sieht er auf die AfD schwere Zeiten zukommen.

Eine härtere Gangart des Verfassungsschutzes gegen die gesamte Partei hält er für wahrscheinlich. "Die Beobachtung wird wohl kommen", sagte Meuthen, er erwartet deswegen einen "spürbaren Exodus": "Viele werden die Partei verlassen." Auch den verbliebenen AfD-Co-Chef Tino Chrupalla kritisiert Meuthen namentlich scharf. Er habe es "bislang an jedweder glaubwürdigen Abgrenzung von den Radikalen mangeln lassen", sagte Meuthen.

Er werde in den nächsten Monaten Farbe bekennen müssen, "wie er mit diesen Kräften in der AfD umgeht".

Foto: Jörg Meuthen (über dts Nachrichtenagentur)

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