Brüssel - NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat den Ansatz der Nationenbildung trotz des Debakels der Allianz in Afghanistan verteidigt. "Manchmal kann man Terrorismus nur verhindern, wenn man ein Land stabilisiert, wenn man dort starke und verlässliche Institutionen schafft", sagte Stoltenberg der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Montagsausgabe).
Er selbst habe das Ziel, "ein stabileres Afghanistan zu schaffen" begrüßt, auch wenn das weit über die militärische Präsenz hinausgegangen sei. Stoltenberg widersprach damit US-Präsident Joe Biden. Dieser hatte nach der Machtergreifung der Taliban gesagt, dass "der Einsatz nie zur Nationenbildung gedacht war". Er hatte zuvor schon geäußert, dass der Kampf gegen den Terror mit der Tötung Osama Bin Ladens sein Ziel erreicht gehabt hätte.
Der NATO-Generalsekretär hielt dagegen: "Der Aufbau der Sicherheitskräfte diente maßgeblich dem Kampf gegen den Terror." Die NATO habe zusammen mit der internationalen Gemeinschaft sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt am Hindukusch ermöglicht. Er verwies auf die gestiegene Lebenserwartung, politische Teilhabe und darauf, dass Mädchen zur Schule gehen können. "Diese Errungenschaften können nicht leicht abgeschafft werden."
Darüber hinaus machte der Norweger in der FAZ deutlich, dass sich die Allianz künftig nicht nur auf die Verteidigung ihres Bündnisgebiets beschränken könne. "Für mich ist klar: Die NATO muss sich weiter dem Kampf gegen Terrorismus widmen. Deshalb müssen wir weiter Sicherheitskräfte in anderen Ländern aufbauen, und weiter in der Lage sein, auch selbst Kampfeinsätze zu führen." Dass die Taliban nahezu kampflos die Macht übernehmen konnten, führt der NATO-Generalsekretär auf den Zusammenbruch der politischen und militärischen Führung zurück.
Distanziert äußerte er sich über das Abkommen, dass die USA im Februar 2020, unter dem früheren Präsidenten Donald Trump, mit den Taliban über den Abzug aus Afghanistan geschlossen hatte. Das sei in der Tat eine US-Entscheidung gewesen, keine NATO-Entscheidung. "Es war nicht ideal und ganz klar ein Nachteil", sagte Stoltenberg mit Blick darauf, dass die afghanische Regierung nicht an den Verhandlungen beteiligt worden sei.
Foto: Jens Stoltenberg (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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