Annektierte Krim ist zum Druckmittel der größten politischen Stakeholder geworden: NATO und Russland kämpfen um ihren Vorsprung im Schwarzmeergebiet. Welche Länder werden dann profitieren, falls NATO führende Position einnimmt? Der Kreml will aber das Tauziehen gewinnen.
Wenn man sichmit der Krim auskennt, entstehen im Kopf malerische Bilder der schönen Reisezeiten. Die zahlreichen übervolle Strände, lokale tatarische Speisen, mit Touristen überrannte Uferstraßen. Vom damaligen Leben blieben nur Erinnerungen. Die vom Kreml verursachte gespannte Situation tauchte Reisende und lokale Bevölkerung in Wirbel der Unsicherheit und Zweifel, denn Aufrüstung vergrößert sich in diesem Gebiet schneller als je zuvor. Auf geopolitischer Bühne ist die Schwarzmeerfläche eine der wichtigsten strategischen Objekte, weswegen die NATO-Mitglieder und Moskau in Konfrontation miteinander stehen.
Um ihre Militärmacht zu demonstrieren, werden nach der USA-Initiative zahlreiche Schulungen durchgeführt. Das ist aber die Antwort auf hyperaktive und radikale Politik von Russland. Die Situation wird mehr verständlich, wenn man einen Blick hinter die Kulissen der Weltpolitik wirft.
Geopolitische Bedeutung des Schwarzen Meeres
Wenn man auf die physische Karte schaut, sieht das Schwarzmeergebiet isoliert aus. Es ist aber nicht ganz so. Der Großteil der Export-Import-Waren wird übers Schwarzmeer geliefert. Außer Integration der Länder in den Welthandel und deren Zusammenarbeit sieht man das Schwarzmeer als Zugang zum Mittelmeer an. Durch Bosporus-Straße und Dardanellen erweitern östliche Länder wesentlich ihre Wirtschaftsbeziehung mit Europa und den Nahost-Staaten.
In diesem Spiel hat die Türkei zwei Trümpfe: die Bosporus-Straße und die Dardanellen. Ankara ist berechtigt zu entscheiden, welche Schiffe weiter fahren dürfen und welchen Frachtern die weitere Bewegung beschränkt oder verboten wird. Alle Handlungen und Maßnahmen, die in diesen Gewässern sowie im Marmarmeer durchgeführt werden, werden mittels dem Vertrag von Montreux seit 1936 reguliert. Den Handelsschiffen wird Freizügigkeit garantiert. Militärschiffe werden wiederum nach der Schiffanzahl, Tonnage und Aufenthalt beschränkt. Trotz türkischer Beschränkungen bemüht sich Moskau das Mittelmeer zu beherrschen.
Russland kämpft um seine Vorherrschaft
Die Vereinigten Staaten und Russland sind seit ewig im Rennen um ihren Vorsprung auf der Weltkarte. Das Schwarze Meer ist noch ein Gebiet, wo die Staatsführer der USA und Russland ihre Macht demonstrieren können. Manifestation der militärischen russischen Macht ist mehr die Folge der wirtschaftlichen Ziele als nur Machtdemonstration und Egobefriedigung. Tatsache ist, dass Russland keine bequemen Zugänge zu den Gewässern hat, die 365 Tage im Jahr nicht einfrieren werden. Sonst würde Moskau große Investitionen für Eisbrecher brauchen. Deswegen führt der Kreml oft seinen Handel über den Don-Fluss durch, der ins Azovische Meer mündet. Daher ist die Krim für Russland von großem Interesse.
Wirtschafts- und Sicherheitsziele führten dazu, dass die Krim im Jahr 2014 annektiert wurde. Nach der illegalen Annexion der Halbinsel durch Moskau, baute der Kreml die Brücke, die direkt Russland mit dem Schwarzen Meer verbindet. Wenn Russland die Krim kontrolliert, dann sind die schwächen Gebiete des Azovischen Meeres geschützt. Ohne Krim müsste Russland den Großteil des Budgets für die Verteidigung bereitstellen. Um noch mehr Macht über die Krim zu gewinnen, nicht nur militärisch sondern auch zivil, fing Moskau auf der Halbinsel eigenes Spiel an. Es wurden Ethnien aus der Krim vertrieben und dort prorussische Einwohner angesiedelt. Obwohl bis 2014 dem Kreml mehr oder weniger die Hände gebunden waren, wurden die militärischen Aktionen lange vor der Krim-Annexion durchgeführt.
Bereits Anfang 2010 sah das russische Staatswaffenprogramm vorrangig eine wesentliche Modernisierung der Streitkräfte und Mittel der Schwarzmeerflotte vor. In den Jahren 2015 und 2016 wurde das erste von sechs geplanten modernisierten U-Booten mit der Schwarzmeerflotte in Dienst gestellt. Die modernisierte militärische Ausrüstung gab der russischen Seite die Möglichkeit, die Situation im Nahen Osten und im östlichen Mittelmeerraum zu beeinflussen.
Die Ukraine ist zum Spielfeld für NATO und Russland geworden
Seit 2014 verstärkte NATO ihre Expansion auf dem ukrainischen Territorium. Die Ukrainische Revolution, die man als „Euromaidan“ bezeichnet, hatte einen Wechsel der herrschenden Macht zur Folge. Das NATO-Heer unterstützt ukrainisches Militär, um russische Aggression zu stoppen, indem ukrainische und amerikanische Soldaten gemeinsame Militärschulungen durchführen. Die letzte Militärübung war im September 2020. Obwohl die Ukraine kein Mitglied der NATO ist, hält das Land seinen Entwicklungskurs in die westliche Richtung. Wegen der Hilfe, die Kiew bekommt, fühlt sich ukrainische Regierung nicht so unabhängig wie sie sich es wünschte. Über amerikanische Militärunterstützung könnte Kiew zu einer Marionette in Händen der Vereinigten Staaten werden. Die Ukraine ist noch eine Zone, die die westlichen Länder vor dem russischen Einfluss beschützt.
Die Nordatlantische Allianz sorgte dafür, dass sie ihre Militärbasis auf dem Territorium derjenigen Länder hätte, die ihr den Zugang zum Schwarzen Meer ermöglichen. Außer der Ukraine ist Rumänien eines davon. Für NATO ist Konstanza - eine Stadt in Rumänien - zum Zentrum in Südosteuropa und zur Hochburg in der Schwarzmeerregion geworden. Die Ernsthaftigkeit der USA-Absichten zeigt sich in dem Betrag, den die Vereinigten Staaten in die Modernisierung der ehemaligen sowjetischen Militärbasis investieren wollen: 130,5 Millionen Dollars werden im Jahr 2021 für dieses Ziel zur Verfügung gestellt.
Georgien ist im Interessenbereich
Wegen der Schwarzmeerhäfen ist Georgien auch ein Schmankerl geworden. Seit dem fünftägigen Krieg zwischen Tiflis und Moskau im Jahr 2008 denkt Georgien über die Mitgliedschaft in der NATO nach. Es handelt sich um den Konflikt, nach dem damalige georgische Abchasien und Südossetien den Status der Autonomie bekamen. Mit dem Sieg erhielt Russland Zugang zum Schwarzen Meer über 4 Häfen von Abchasien.
Die prekäre Situation nach dem kurzfristigen Krieg spornte Georgien, sich die NATO-Mitgliedschaft zu überlegen. Russland warnte aber: NATO-Eintritt von Georgien könne einen großen Konflikt provozieren, unterstrich der russischer Ex-Ministerpräsident Dmitri Medwedew. In Folge des Krieges konnte Georgien nur 2 Häfen bewahren, was das Interesse der NATO zu Georgien als ihr Mitglied stark verringert hat. Interessanterweise handelt Russland in manchen Regionen nach dem gleichen Szenario. Der Kreml begann problem- und hindernislos russische Pässe zu vergeben. Diese Reform wurde ungefähr 10 Jahre vor Krim-Annexion durchgeführt. Damals konnte die ukrainische Bevölkerung (sowie georgische) die russische Staatsbürgerschaft durch vereinfachtes Verfahren bekommen.
Die Türkei ist auch dabei
In den Händen der zwei Hauptspieler, nämlich USA und Russland, sind andere Länder zu den Instrumenten des Einflusses geworden. Obwohl die Türkei eine unabhängige und eine selbständige Rolle spielen will, sollte sich Ankara auf jeden Fall für eine der Seiten entscheiden.
Falls Ankara den Bosporus-Sund eröffnet, dann wird es entweder Empörung von NATO oder Feindschaft bzw. Abwehr von Russland verursachen. Aufgrund dessen, dass die Türkei der NATO beitrat, haben die USA ihren Luftstützpunkt in der türkischen Stadt Incirlik. Dank den Häfen, die ganz in der Nähe vom Mittelmeer sind, erreicht die Reichweite der Niederlage von diesem Punkt das Schwarz- sowie Mittelmeer. Den Nahen Osten könnte dieser Punkt auch bedrohen.
Wer hat mehr Chancen, um geopolitisches Rennen zu gewinnen?
Weder die Türkei noch Russland werden zu einem Sieger. Obwohl Ankara und Moskau sich in einigen Fragen konfrontieren, bleiben die beiden Länder im Interessenbereich miteinander. Auf der einen Seite bestehen Gasabkommen bezüglich „Türkischen-“ und „Blauen-Stream“ und die Verträge über die Lieferung der russischen militärischen Ausrüstung. Andererseits gibt es ewiglanger Konflikt in Libyen und es gab eine Konfrontationszone in Bergkarabach, wo die Türkei und Russland unterschiedliche Seiten vertraten.
Jedes Land rüstet immer mehr auf. Macht das Sinn? Was Schwarzes Meer betrifft sind das NATO-Heer, die russische Armee und das türkische Militär in ihrer Macht mehr oder weniger gleich. Deswegen macht das keinen Sinn, einen Krieg auszulösen. Aus rechtlichen und technischen Gründen bleibt der Einfluss der NATO auf das Schwarze Meer begrenzt.
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