Berlin - Führende Ökonomen erwarten, dass die Wirtschaft den neuen Lockdown über Weihnachten und den Jahreswechsel besser verkraften wird als den ersten Lockdown im Frühjahr. "Wir rechnen in diesem Winter mit einer schwarzen Null beim Wachstum, die sich vielleicht rot einfärben kann", sagte Sebastian Dullien, Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), der "Süddeutschen Zeitung".
Anders als damals werde weiter produziert. "Die Industrie hat eine gute Auftragslage, sie kann Verluste bei Handel und Dienstleistungen ausgleichen", sagte Dullien. "Wir rechnen deshalb nicht mit einem Absturz." Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Länderchefs hatten am Sonntag beschlossen, das Land von kommendem Mittwoch an bis Mitte Januar in eine Art Winterschlaf zu versetzen.
Um die Verluste der betroffenen Unternehmer zu begrenzen, sollen mehr als elf Milliarden Euro an Hilfen gezahlt werden. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) warnte davor, die Restriktionen halbherzig umzusetzen. Deutschland könne seine wirtschaftliche Substanz nur erhalten, wenn "der Lockdown nicht immer wieder unendlich weit verlängert werden muss, weil wir nicht mutig genug sind", sagte er. Nur mit harten Maßnahmen "können wir eine erneute Rezession verhindern".
Die Wirtschaftsweisen der Bundesregierung rechnen mit einem moderaten Rückgang der Wirtschaftsleistung in den beiden Winterquartalen um rund 0,6 Prozent. "Der Zeitraum für den Lockdown ist durchaus günstig", sagte Veronika Grimm, Mitglied im Sachverständigenrat. "Schul- und Kita-Schließungen dürften gesamtwirtschaftlich keinen großen Effekt haben, solange sie nur bis 10. Januar gelten." Sollten sie länger gelten, könnten Arbeitskräfte knapp werden, "dadurch besteht das Risiko, dass weitere Wirtschaftsbereiche in Mitleidenschaft gezogen werden".
Clemens Fuest, Chef des Münchner Ifo-Instituts, sagte, der Lockdown sei "eine Investition in die Zukunft", damit das neue Jahr Mitte Januar gestartet werden könne, "statt dann Schulen zu schließen und die Wirtschaft herunterzufahren". Um die neuen Wirtschaftshilfen ist heftiger Streit entbrannt. Der Einzelhandel fordert, den Umsatz kompensiert zu bekommen, so wie bei den geschlossenen Gaststätten. Zuschüsse zu den Fixkosten reichten nicht aus, um eine Pleitewelle zu verhindern, kritisierte der Handelsverband Deutschland.
Die Bundesregierung lehnt Nachbesserungen ab. Die Hilfen seien seit Beginn der Krise großzügig und umfassend, sie würden bis Juni 2021 fortgeführt, sagte ein Sprecher von Finanzminister Olaf Scholz (SPD).
Foto: Wegen Coronakrise geschlossener Laden (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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