Wien - Österreich drängt darauf, die Beitrittsgespräche mit den sechs Westbalkan-Ländern deutlich zu beschleunigen. "Wenn die Europäer beim Beitritt von Ländern wie Spanien, Portugal und Griechenland, aber auch bei der Osterweiterung vor 15 Jahren so streng auf die Einhaltung der Beitrittskriterien geachtet hätten wie jetzt im Fall der Westbalkanstaaten, dann wären einige dieser Länder womöglich heute noch nicht Teil der EU", sagte Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg der "Welt" (Dienstagsausgabe).

"Wir brauchen endlich mehr Tempo beim EU-Beitritt des Westbalkans, weil es darum geht, in dieser Region Europa abzusichern." Schallenberg warnte zugleich davor, dass Mächte wie China, Russland oder die Türkei ihren Einfluss auf dem Balkan vergrößern würden, sollten die Europäer zu lange zögern. "Es gibt in der Politik kein Vakuum", sagte der Minister. Er fügte hinzu: "Wir müssen uns davon lösen, dass der Beitrittsprozess ein buchhalterisch-legalistisches Verfahren ist, bei dem es vor allem darauf ankommt, penibel auf jeden Beistrich zu achten. Das war niemals so. Es ging und geht beim Beitritt zur EU doch um das politische Ziel junge Demokratien zu stützen und unser europäisches Lebensmodell fest zu verankern." Mit Blick auf das anstehende Gipfel-Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs mit den politischen Spitzen aus Serbien, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien, Bosnien-Herzegowina und Albanien am Mittwoch in Slowenien erklärte Österreichs Chefdiplomat: "Die wesentliche Botschaft dieses Gipfels muss sein, dass wir die Balkan-Stagnation hinter uns lassen. Der Westbalkan-Gipfel sollte ein Aufbruchssignal sein mit der klaren Botschaft an die sechs Länder in der Region, dass ihre Zukunft in der Europäischen Union liegt. Es gibt schlicht keine Alternative zur Vollmitgliedschaft."

Die EU sollte in ihrem eigenen Interesse auch deutlich machen, dass die Beitrittsverhandlungen "kein unendlicher Prozess" sein dürfen. "Es muss eine klare Ziellinie erkennbar sein", so Schallenberg. Der Minister sagte weiter, es sei im Interesse der Europäer, die Westbalkan-Länder zum integralen Teil des liberalen und offenen Gesellschaftsmodels des Westens zu machen: "Aus meiner Sicht wäre es daher auch wichtig, die USA aktiv zum Partner zu machen und sie etwa auch in den sogenannten Berliner Prozess zur Förderung von mehr Zusammenarbeit in der Region einzubeziehen. Auch die Finanzhilfen für den Westbalkan sollten viel stärker zwischen Brüssel und Washington koordiniert werden."

Foto: EU-Fahnen (über dts Nachrichtenagentur)

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