Berlin - Der Pflegebeauftragte der Bundesregierung fordert pragmatische Besuchsregeln für Alten- und Pflegeheime in der Corona-Zeit: "Es gibt sehr gute Konzepte. Es gibt zum Teil aber auch Regeln, die nach heutigem Wissensstand zu streng sind", sagte Andreas Westerfellhaus den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitagausgaben).

Selbst wenn es zu einem begrenzten Ausbruch komme, dürfe eine Einrichtung "nicht wieder reflexhaft für Besucher geschlossen werden". Auch in anderen Bereichen seien Regeln oft zu streng: "Für kognitiv eingeschränkte Menschen können Menschen mit Masken irritierend sein", so der Pflegebeauftragte. "In solchen Fällen ist es in Ordnung, wenn man genügend Abstand hält und bei der Begrüßung kurz die Maske vom Gesicht nimmt, um sich erkennbar zu machen." Einzelne Einrichtungen hätten Besuchsverbote für Kinder eingeführt. "Das ist wissenschaftlich nicht belegt." Man solle zwar nicht mit vier Enkelkindern aus drei verschiedenen Haushalten zu Besuch kommen. "Aber wer sich in den Tagen vorher klug verhält, seine Kontakte noch mal reduziert, der sollte auch mit einem Kinder in Begleitung kommen dürfen." Es gebe zudem Heime, in denen aus Hygienegründen selbst Geburtstagsgeschenke erst einmal für einige Zeit im Keller gelagert würden. "Das ist nach heutigem Wissen über Infektionsrisiken unnötig." Wer einem Pflegebedürftigen zu Weihnachten Geschenke oder Blumenschmuck mitbringen wolle, sollte das tun dürfen. Wünschenswert sei es zudem, wenn Besucher ihre Angehörigen im eigenen Zimmer besuchen könnten - und Treffen nicht in Gruppenräumen stattfinden müssten. Der Pflegebeauftragte hat zusammen mit dem Robert-Koch-Institut (RKI) einen Leitfaden für Besuche in Alten- und Pflegeheimen entwickelt.

Die Startauflage von 14.000 Exemplaren soll jetzt an die Einrichtungen verschickt werden und wird auch auf der Internetseite des Pflegebeauftragten abrufbar sein. Darin findet sich auch die Empfehlung, Besuche rechtzeitig bei der Heimleitung anzukündigen und abzuklären, ob etwa ein Schnelltest sinnvoll ist: "Das ist gerade in der Weihnachtszeit wichtig: Wenn 100 Angehörige von 70 Bewohnern um 17 Uhr am Heiligabend vor der Tür stehen, dann schaffen das die Pflegekräfte nicht. Fiebermessen, Personendaten aufnehmen, mit Maskenverweigerern reden oder sogar noch 15 Minuten pro Schnelltest einplanen - das geht nicht." Westerfellhaus äußerte Verständnis für die schwierige Lage der Heimleitungen in der Corona-Zeit: "Die Einrichtungen müssen einen Spagat hinkriegen: Eine Isolation der Bewohner wie im ersten Lockdown darf es nicht noch einmal geben. Gleichzeitig haben viele Angst, dass sie mit zu offenen Besuchskonzepten Infektionsausbrüche riskieren und dann an den Pranger gestellt werden."

Der Leitfaden biete pragmatische Lösungen an - für Besucher, Bewohner, Pflegekräfte und Heimleitungen.

Foto: Senioren mit Rollstuhl (über dts Nachrichtenagentur)

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