Berlin - Nach der Niederschlagung der teils gewalttätigen Massenproteste von Anfang Januar nimmt Kasachstan nach Einschätzung der Zentralasienexpertin Beate Eschment innenpolitisch Kurs auf wirtschaftliche und soziale Reformen. Das sagte sie dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Sonntagausgaben).

"Präsident Kassim-Schomart Tokajew konzentriert sich jetzt auf die Befriedigung der Masse der Bevölkerung", so die Politologin. Tokajew habe eine Art Zukunftsprogramm verkündet, das vor allem auf wirtschaftliche, aber weniger auf politische Veränderungen abzielt, sagte Eschment, die am Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) in Berlin forscht und sich seit 1994 mit Kasachstan beschäftigt. "Er wird versuchen, die soziale Lage breiter Bevölkerungsschichten zu verbessern, aber Kasachstan wird jetzt nicht Kurs auf ein Demokratiemodell westlicher Prägung nehmen", prognostizierte die Politikwissenschaftlerin. Nach Eschments Beobachtung ist es Tokajew mit eigenen Kräften gelungen, die streckenweise sehr gewalttätigen Ausschreitungen Anfang Januar relativ schnell in den Griff zu bekommen, ohne Einsatz des von ihm zu Hilfe gerufenen Militärbündnis OVKS. "Das Militärbündnis unter russischer Führung hat tatsächlich nur symbolische Wirkung entfaltet und ist inzwischen auch schon wieder komplett aus Kasachstan abgezogen", sagte Eschment.

Allerdings seien in dem Moment, als durch den Schießbefehl scharf geschossen wurde, offensichtlich auch ganz harmlose Bürger verletzt worden oder auch zu Tode gekommen. "Es gibt massive Forderungen von Menschenrechtsorganisationen, die Todesfälle aufzuklären", sagte Eschment. Aber Tokajew habe bereits eine internationale Beteiligung an der Aufklärung abgelehnt. Nach letzten offiziellen Angaben forderten die Unruhen 225 Todesopfer.

4.300 Menschen wurden verletzt, etwa 7.000 festgenommen.

Foto: Kasachstan (über dts Nachrichtenagentur)

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