Zürich - Die Politikwissenschaftlerin Silja Häusermann sieht in einem eher linken Kurs die größten Chancen für die SPD, dauerhaft Erfolg zu haben. "Etwa ein Drittel der Wähler der Sozialdemokratie in Europa kann sich vorstellen, die Grünen zu wählen. In Deutschland ist es sogar mehr als die Hälfte, die größten Verluste drohen also nach links, nicht nach rechts", sagte sie dem "Spiegel".
Die SPD habe es, anders als etwa die Sozialdemokraten in der Schweiz, versäumt, sich rechtzeitig so zu positionieren. "In Deutschland hat die SPD nicht früh genug reagiert und daher diese Themen und Wählergruppen nicht frühzeitig für sich gewonnen", sagte Häusermann, die als Professorin an der Universität Zürich arbeitet und zusammen mit anderen Forschern kürzlich Papiere über die Lage der europäischen Sozialdemokratie veröffentlicht hat. Das lasse sich nun nicht schnell aufholen.
Die Grünen besetzten das Thema Umweltpolitik, aber so ließen sich am ehesten Verluste vermeiden. Wenig aussichtsreich sei dagegen die Idee, durch harte Migrationspolitik erfolgreich zu werden. "Die Sozialdemokratie kann sich aber wohl nicht als autoritäre Partei neu erfinden", sagte Häusermann. Sie könne so auch kaum verlorene Wähler zurückgewinnen: "Die radikale Rechte wird nicht von frustrierten Ex-Sozialdemokraten gewählt."
Arbeiter, die radikal rechte Parteien wählen, seien überwiegend nie links gewesen. "Sozialdemokratische Parteien können sie also nicht zurückholen, wie es gerne heißt. Sie hatten sie nie." Die aktuelle Lage der SPD habe nicht vorrangig mit dem Personal oder der aktuellen inhaltlichen Ausrichtung zu tun.
"Die schlechte Lage hat viel damit zu tun, dass sich die Sozialstruktur - auch wegen der erfolgreichen Politik der SPD selbst - verändert hat." Die SPD sei strukturell in einer schlechten Situation: "Schwieriger als die SPD kann man es kaum haben."
Foto: SPD-Logo (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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