Köln - Der Kölner Soziologe Wolfgang Streeck kritisiert das Vorgehen der EU gegen Polen und Ungarn. "Aktuell gibt es die Bestrebungen des Zentrums, in Polen und Ungarn durch Entzug oder Kürzung der EU-Zuschüsse einen Regimewechsel herbeizuführen", sagt der frühere Direktor des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung in der aktuellen Ausgabe des "Spiegel".

"Das Problem ist, dass diese Regierungen demokratisch gewählt sind." Es frage sich, ob es die Aufgabe der Staatengemeinschaft sei, die innerstaatlichen Konflikte etwa in Ungarn zu entscheiden. Streeck, der einst die rot-grüne Regierung unter Kanzler Gerhard Schröder beriet, kann der neuen Allianz rechtspopulistischer Parteien in Europa auch positive Züge abgewinnen. "Grundsätzlich würde es der EU nicht schaden, wenn in ihrem Parlament die strategischen Fragen ihrer weiteren Entwicklung endlich diskutiert würden", sagt Streeck.

"Ich bin der Auffassung, dass die EU schon jetzt übervereinheitlicht ist und daran scheitern wird." Der Soziologe plädiert dafür, das europäische Staatensystem wieder stärker auf Nationalstaaten zu gründen. "Der Nationalstaat ist die einzige Institution, die die Komplexität der Weltgesellschaft zerlegen und sie demokratisch regierbar machen könnte", sagt er im "Spiegel". Er verstehe nicht, warum die selbst ernannten Europäer immer in Schnappatmung verfielen, wenn sie das hörten.

"Ich plädiere, freilich ohne viel Hoffnung, für eine genossenschaftlich-kooperative statt imperial-hierarchische Ordnung des europäischen Staatensystems", sagt Streeck.

Foto: Polnisches Parlament in Warschau (über dts Nachrichtenagentur)

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