Brüssel - Im Streit um den EU-Rechtsstaatsmechanismus haben die Grünen im Europaparlament EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen davor gewarnt, ihre Rolle als Hüterin der europäischen Verträge aufzugeben. "Es ist ein beispielloser Vorgang, dass die EU-Kommission einwilligt, einen Rechtsakt vorerst nicht anzuwenden", sagte der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Mittwochausgaben).

Giegold kritisierte von der Leyens Haltung als "institutionelle Selbstaufgabe", da die Kommissionschefin erst ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Rechtstaatsmechanismus abwarten will, bevor dieser auch mit finanziellen Konsequenzen zur Anwendung kommt. Von der Leyen habe beim EU-Gipfel "wie eine Weisungsempfängerin der nationalen Regierungen" agiert, sagte Giegold weiter: "Die Erklärung des Europäischen Rats hat keine rechtliche Bindung. Gesetze werden in der EU nicht allein vom Rat, sondern auch vom Parlament gemacht." Das Europaparlament werde der Aufschiebung des Rechtsstaatsmechanismus nicht zustimmen. Ähnlich argumentierte Giegolds Fraktionskollege Daniel Freund. "Die Kommission darf sich von den Mitgliedstaaten nicht zur Untätigkeit verdonnern lassen, wenn in Polen die Unabhängigkeit der Justiz abgeschafft oder Milliarden von EU-Geldern bei Familie und Freunden von Orban landen", sagte Freund dem RND. Die EU-Kommission müsse deshalb den Rechtstaatsmechanismus vom 1. Januar 2021 anwenden und dürfe nicht erst ein EuGH-Urteil abwarten: "Schonfristen von mehreren Monaten für einige Mitgliedstaaten sind in dem Gesetz schlichtweg nicht vorgesehen", sagte Freund. Es könne nicht sein, dass "ein bestehendes Gesetz einfach pausiert wird, während es beim EuGH zur Prüfung liegt".

Foto: EU-Parlament in Brüssel (über dts Nachrichtenagentur)

Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?

Dann unterstütze dts Nachrichtenagentur jetzt direkt: