Berlin - Die große Mehrheit der Fraktionen im Bundestag hat sich gegen laxere Corona-Regeln für Kinder ausgesprochen. Mehrere Wissenschaftler und Kinderärzte hatten zuvor in einem offenen Brief an die Bundesregierung gefordert, künftig nur noch anlassbezogen zu testen, Kontaktpersonen nicht mehr in Quarantäne zu schicken sowie Kinder und Jugendliche mit Geimpften gleichzustellen.
"Ein Abbau von Tests und Schutzmaßnahmen wäre fatal", sagte die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Ria Schröder, der "Welt" (Montagausgabe). Das bringe Kinder und ihre Familien in Gefahr, insbesondere solche mit Vorerkrankungen. Auch die grüne Bildungsexpertin Nina Stahr sagte: "Luftfilter und tägliche Tests sind genauso wie Masken essenziell, da sie ein vergleichsweise kleiner Eingriff sind und gleichzeitig einen sicheren Schulalltag gewährleisten können." Der bildungspolitische Sprecher der SPD, Oliver Kaczmarek, spricht sich ebenfalls klar für die Beibehaltung der Maßnahmen aus.
"Der Schul- bzw. Kita-Besuch von Kindern und Jugendlichen hat absolute Priorität. Intensive Testungen, Maskentragen, reduzierte Quarantäne-Zeiträume helfen dabei in der Pandemie." Thomas Jarzombek, Bildungsexperte der CDU/CSU-Fraktion, sieht keine Alternative zu engmaschigen Tests. Neben den Schülern müssten auch die Lehrkräfte geschützt werden.
"Sollte es bei Lehrern und Hortbetreuern zu großen Ausfällen kommen, ließe sich der Schulbetrieb nicht mehr aufrechterhalten und es käme zu faktischen Schulschließungen." Für die Linkspartei führt ebenfalls an Reihentestungen kein Weg vorbei: "Auch Kinder sind immer wieder von Long Covid betroffen und müssen besonders geschützt werden", sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Susanne Ferschl. Nicole Höchst, bildungspolitische Sprecherin der AfD, verweist hingegen auf die hohe Zahl von Suizidversuchen unter jungen Menschen. "Schulschließungen, Drängen auf Impfungen, tägliche Tests und Maskenzwang für Gesunde selbst im Sportunterricht schaffen eine Generation von schulisch abgehängten, angsttraumatisierten, menschlich verkümmerten, sportlich wenig leistungsfähigen Menschen mit kaputtem Immunsystem."
Gewerkschaftsvertreter kritisieren den offenen Brief der Wissenschaftler und Mediziner. "Wir brauchen nicht jeden Tag eine neue Verunsicherung von Eltern, Lehrkräften und Schülern durch eine neue Meinung", sagte der Bundesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann. Nötig seien bundesweit einheitliche Standards. Der Corona-Expertenrat, der die Bundesregierung berät, müsse schnell eine besondere Beurteilung des Infektionsgeschehens unter Kindern und Jugendlichen abgeben und konkrete Maßnahmen benennen.
Anja Bensinger-Stolze von der Bildungsgewerkschaft GEW kann den Wunsch vieler Eltern nach Normalität für ihre Kinder zwar nachvollziehen. Aber Sicherheit gehe vor. "Quarantäneregelungen aufzuweichen, Testungen in Schulen nicht mehr durchzuführen oder die Maskenpflicht jetzt fallen zu lassen, halte ich für den absolut falschen Weg."
Foto: Klassenraum in einer Schule (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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