Wiesbaden - Der Anstieg der Kraftstoffpreise im Vorjahresvergleich war in den vergangenen Jahrzehnten nie so stark wie in der aktuellen Krise. Das zeigt eine Analyse des Statistischen Bundesamtes, die am Mittwoch veröffentlicht wurde.

Im März 2022 waren Kraftstoffe insgesamt 47,4 Prozent teurer als ein Jahr zuvor. Für leichtes Heizöl mussten private Verbraucher sogar fast zweieinhalb Mal so viel (+144,0 Prozent) bezahlen wie im März 2021. Ähnliche Entwicklungen waren bislang lediglich im Zusammenhang mit den beiden Ölkrisen 1974 und 1980 sowie der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise 2008/2009 zu beobachten - allerdings waren die Ausschläge damals nicht so heftig. Im November 1973 stiegen die Einfuhrpreise für Erdöl gegenüber dem Vormonat Oktober heftig, nachdem einen Monat der Jom-Kippur-Krieg begonnen hatte, der als Auslöser der ersten Ölkrise gilt.

Die in der OPEC organisierten erdölexportierenden Staaten hatten damals ihre Fördermenge gedrosselt, um Druck auf westliche Staaten auszuüben. Für die privaten Verbraucher erreichte der Preisanstieg für Kraftstoffe im Februar 1974 einen Höhepunkt, mit einem Plus von 32,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Für leichtes Heizöl mussten private Verbraucher bereits im Dezember 1973 Höchstpreise bezahlen (+183,3 Prozent gegenüber Dezember 1972). Die Preise für Erdgas folgten viele Jahre mit einem zeitlichen Verzug den Erdölpreisen.

Für private Verbraucher wurde der höchste Anstieg der Erdgaspreise im Februar 1975 mit einem Plus von 15,8 Prozent gegenüber Februar 1974 erreicht. Auch während der zweiten Ölkrise 1979/1980 sahen sich Verbraucher mit deutlichen Preissteigerungen für Heizöl und Kraftstoffe konfrontiert: Die zweite Ölkrise wurde im Wesentlichen durch die Förderausfälle im Zusammenhang mit der Islamischen Revolution im Iran seit Januar 1979 und dem im September 1980 begonnenen Ersten Golfkrieg ausgelöst. Für private Verbraucher kostete im Juli 1979 leichtes Heizöl 110,8 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Die Kraftstoffpreise erreichten im September 1981 einen damals historischen Höchststand und waren 27,7 Prozent teurer als im September 1980. Auch in dieser Krise folgte der Preisanstieg für importiertes Erdgas den hohen Preisanpassungen für Erdöl erst mit einem zeitlichen Verzug.

Für private Verbraucher kam es im Januar 1981 mit einem Plus von 22,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zum höchsten Preisanstieg. Die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise war durch deutliche Schwankungen der Energiepreise geprägt: Ihren Anfang nahm die Finanzmarktkrise im August 2007 mit dem sprunghaften Anstieg der Interbankfinanzkredite in den Vereinigten Staaten. Den Höhepunkt erreichte sie im September 2008 mit dem Zusammenbruch der US-amerikanischen Großbank Lehman Brothers, im Oktober 2009 folgte die Eurokrise, ausgelöst durch die Korrektur der Daten zur griechischen Nettoneuverschuldung. Im Sommer 2008 verzeichneten die Verbraucherpreise für Kraftstoffe und Heizöl Höchststände.

Leichtes Heizöl war im Juni 2008 für Verbraucher 61,8 Prozent teurer als im Vorjahresmonat, im Juli 2008 kosteten Kraftstoffe 15,2 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Danach brachen die Rohölpreise ein. Innerhalb eines halben Jahres (von Juli 2008 bis Januar 2009) sanken die Preise für importiertes Erdöl um 60,3 Prozent. Private Konsumenten zahlten im Januar 2009 für Kraftstoffe fast 25 Prozent weniger als im Juli 2008, für leichtes Heizöl gut 40 Prozent weniger.

In der Coronakrise verlief die Entwicklung der Energiepreise entgegengesetzt zur Entwicklung in der Finanzmarktkrise: Auf einen starken Rückgang der Energiepreise zu Beginn der Corona-Pandemie folgte ein deutlicher Anstieg. Nachdem die Importpreise für Erdöl im Zusammenhang mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie bis April 2020 nachfragebedingt auf ihren tiefsten Stand seit August 1999 gefallen waren, stiegen sie - auch infolge der raschen wirtschaftlichen Erholung - ab Juni 2020 wieder an. Im Februar 2022 lagen sie schließlich 70,3 Prozent über dem Vorjahresmonat. Mit den aktuellen Preissteigerungen erreichten die Importpreise für Erdöl fast den historischen Höchststand des Jahres 2012.

Die Preise für importiertes Erdgas stiegen im Februar 2022 gegenüber dem Vorjahresmonat um 256,5 Prozent auf ein bisher nie erreichtes Hoch.

Foto: Autobahn-Tankstelle im März 2022 (über dts Nachrichtenagentur)

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